Immer mehr Menschen müssen in Abfallbehältern nach Flaschen suchen, weil auch die Grundsicherung nicht vor Armut schützt“, erklärte der Rentenpolitische Sprecher der LINKEN im Bundestag, Matthias W. Birkwald, am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung unter dem Motto „Solidarische Rentenversicherung – Für ein gutes Leben im Alter!“ im „Spielraum“ an der Prosperstraße.
Seit 2003 habe sich die Zahl der Grundsicherungsempfänger von 257.000 auf fast 500.000 im Jahr 2013 beinahe verdoppelt. Weitere rund 1,4 Millionen Rentner hätten zwar Anspruch auf Grundsicherung, würden dies aber nicht beantragen: aus Scham oder weil sie fälschlich glaubten, dass dann ihre Kinder für sie zahlen müssten. Zwei Drittel der Betroffenen seien Frauen. „Laut ‚Armuts- und Reichtums-Bericht der Bundesregierung‘ gelten schon jetzt 2,6 Millionen Menschen ab 65 Jahre als arm“, so Birkwald. „Auf Grund der Rentenpolitik von SPD und Grünen wie auch den nachfolgenden Koalitionen werden das immer mehr werden:
Seit 2000 ist die Durchschnittsrente langjährig Versicherter mit 35 Beitragsjahren von 1.021 auf 908 Euro abgesunken – das sind 11 Prozent. Wenn wir die gesunkene Kaufkraft berücksichtigen, entspricht das sogar deutlich mehr als 30 Prozent Einkommensverlust.“ Von 2004 bis 2014 sei die Zahl der Minijobber im Rentenalter von 630.000 auf über 900.000 angestiegen. „Rund 170.000 davon sind schon 75 Jahre oder älter. Wer noch mit 85 in Nachtschicht Taxi fährt, der macht das nicht aus Langeweile, sondern weil er das Geld dringend zum Leben braucht“, ist sich Birkwald sicher.
„‚Lasst Riester sterben!‘ lautete zu Recht eine Schlagzeile des Focus“, meint der LINKEN-Rentenexperte: nicht nur wegen der Anrechnung auf die Grundsicherung, sondern auch weil der auf 1,25 Prozent abgesenkte Garantiezins diese Zusatzversicherung selbst für Gutverdienende endgültig unattraktiv mache. „Man muss schon 87 Jahre alt werden, um auch nur das Eingezahlte wieder herauszuholen“, warf hierzu ein Teilnehmer ein.
„Die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre ist nichts anderes als eine weitere Renten-Kürzung“, betont Birkwald. Im Durchschnitt sei für Bauarbeiter mit 57 Jahren beruflich Schluss und für Krankenschwestern mit knapp 61 Jahren. Von den 60- bis 64-Jährigen seien nur noch 35 Prozent sozialversicherungspflichtig tätig, in Vollzeit sogar weniger als 25 Prozent.
Birkwald forderte „solidarische Alternativen für ein Rentensystem, das niemanden zurücklässt und den Lebensstandard im Alter sichert“: Die Kürzungsfaktoren müssten gestrichen werden. Die Riester-Rente sollte wieder in die gesetzliche Rente integriert werden. Alle Erwerbstätigen sollten in die Rentenversicherung einzahlen. Auch für Arbeitslosengeld II-Bezieher sollten endlich wieder Rentenbeiträge abgeführt werden. Die Beitragsbemessungsgrenze müsse deutlich angehoben und längerfristig aufgehoben werden.
Hierzu verwies Birkwald auf das Schweizer Motto: „Das Rentensystem braucht die Millionäre, aber die Millionäre brauchen das Rentensystem nicht.“
Um Armut im Alter zu verhindern, forderte Birkwald eine „solidarische Mindestrente“ von 1.050 Euro. Letztlich gehöre aber der „Dreiklang: Mindestlohn – Mindestsicherung – Mindestrente“ untrennbar zusammen.
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