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Matthias W. Birkwald

DGB Köln fragt nach rot-grün-rot

04.04.2016
Ein Teil-Blick ins Publikum. Vorne links im Bild: Andreas Kossiski (DGB Region Köln/Bonn, SPD), vorne rechts im Bild: Carolin Butterwegge, DIE LINKE)

Mit ca. 332 weiteren Teilnehmenden verfolgte ich am 04. April in der Kölner Universität eine wichtige und gelungene Veranstaltung des DGB Köln-Bonn. Denn der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (DIE LINKE), die Grünen-Vorsitzende Simone Peter und der stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Ralf Stegner sorgten ebenso wie die Moderatorin Helga Kirchner für eine notwendige, faire und offene Diskussion.

Podium v.l.n.r.: Moderation: H. Kirchner (Journalistin), Ralf Stegner (Stv. SPD-Vors.), Simone Peter (Co-Vors. Bü90/Grüne), Bodo Ramelow (Ministerpräsident des Landes Thüringen, DIE LINKE)

„Was bringt Rot-Rot-Grün den Menschen, insbesondere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern?“ lautete die im Veranstaltungstitel formulierte Leitfrage des Abends.

Podiumsteilnehmer*innen und Einlader*innen, vlnr: S. Lehmann (B90/Grüne NRW), S. Peter (Grüne), A. Kossiski (DGB Köln/Bonn, SPD), M.W. Birkwald MdB, B. Ramelow (MP Thüringen, LINKE), A. Asch (B90/Grüne NRW), R. Stegner (SPD), C. Butterwegge (DIE LINK

Eine wirksame Vermögens- und Erbschaftssteuer durchsetzen? Den Verfall der Infrastruktur in den Kommunen und Ländern durch öffentliche Investitionen überwinden? Die Klimaziele durch den sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft erreichen? Alle diese gemeinsamen Ziele der gesellschaftlichen Linken werden in den nächsten Jahren nur zu verwirklichen sein, wenn es eine Aussicht auf eine parlamentarische Mehrheit jenseits der Union geben wird.

Diese gemeinsame Einsicht verband - bei allen deutlich gewordenen Unterschieden zwischen den Personen und Parteien- die drei Podiumsteilnehmer*innen mit den Wünschen der überwiegenden Mehrheit der Teilnehmenden.

So entwickelte sich eine von allen drei Podiumsteilnehmer*innen mit dem Willen zur Suche nach gemeinsamen Gestaltungsmöglichkeiten ernsthaft geführte Diskussion, von gelegentlichen - und bei Ralf Stegner besonders ausgeprägten - Rückfällen in hergebrachte Abgrenzungsrituale einmal abgesehen. Diese Grundeinstellung entsprach - so mein Eindruck - auch den Erwartungen der im Publikum zahlreich vertreten Menschen, die nicht über eines der drei Parteibücher verfügten.

Doch, wie weit trägt eine solche Erwartungshaltung, wenn es praktisch zum Beispiel darum geht, die Agenda 2010 zu überwinden, eine Solidarische Mindestrente von 1050 Euro oder eine wirksame Millionärssteuer einzuführen? Wirklich eindeutige Signale dafür waren den Beiträgen von Ralf Stegner und Simone Peter leider kaum zu entnehmen.

Fragen der Außen- und Friedenspolitik wurden in der Diskussion im Sinne der Fragestellung des DGB zwar nur am Rande gestreift. Doch sind grade hier die Differenzen besonders groß. Das zeigte die von Ralf Stegner massiv und von Simone Peter etwas verschämter vorgetragene Forderung an DIE LINKE, sich im Sinne einer "verlässlichen Außenpolitik" im Rahmen der NAT0 zu verbiegen. Bodo Ramelow hatte zuvor eine Anforderung an eine erfolgreiche Zusammenarbeit formuliert: Die jeweiligen "Stöckchen" dürften nicht so hoch gehängt werden, dass die Anderen sie nicht überspringen könnten. Dieser Anforderung entsprachen Ralf Stegner und Simone Peter mit Blick auf die Bundespolitik gerade hier eindeutig nicht - bedauerlicherweise. Insgesamt war die von Andreas Kossiski (SPD-MdL und DGB-Vorsitzender Köln-Bonn), Dr. Carolin Butterwegge (LINKE) und mir, sowie Andrea Asch (Grüne, MdL) und Sven Lehmann (Landesvorsitzender der Grünen NRW) initiierte Debattenabend ein Erfolg. Er zeigte, dass es durchaus eine nennenswerte Menge an politischen Gemeinsamkeiten zwischen den drei Parteien gibt. Und er zeigte, dass es trotz des guten Beispiels in Thüringen dennoch ausgesprochen schwierig werden würde, auf der Bundesebene zusammen zu kommen. Warum? Nun, bei SPD und Grünen gibt es wie bei der LINKEN Viele, deren Skepsis überwiegt. Ganz unabhängig davon, gibt es nach aktuellen Umfragen derzeit nicht nur keine rechnerische Mehrheit an den Wahlurnen für ein solches Modell, sondern weder in der Gesellschaft, noch in den drei Parteien einen mehrheitlichen Wunsch nach R2G. Das ist so, aber soll deshalb auf alle Zeiten akzeptiert werden, dass die Union samt ihrer bayerischen Fremdenfeinde dieses Land dominiert? Ich finde: Nein, das darf nicht sein. Und darum gilt es, sich politisch regelmäßig darüber auszutauschen, wie die Politik für die große Mehrheit der Menschen sozialer, friedlicher und gerechter organisiert werden kann. Gegebenenfalls braucht diese Phase auch einen deutlich längeren Zeitraum als bis 2017. Wahrscheinlich sogar. Und möglicherweise wird es nie zu Rot-Rot-Grün kommen. Und vielleicht ja auch zu Recht. Aber auf Dauer der CDU das Feld kampflos überlassen? Das können nur Großunternehmer*innen, Couponschneider*innen, Reiche, Konservative und Menschen ohne jeglichen Sinn für soziale Gerechtigkeit wollen. Oder?