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Matthias W. Birkwald

Die Renten sinken - Nahles will dagegenhalten

27.10.2016

"Die Rente ist ein Spiegel Ihrer ganzen Erwerbsbiografie – und er schmeichelt nicht, er ist hart", sagt Ulrike Mascher, die Präsidentin des Sozialverbands VdK. Um im Bild zu bleiben: Einmal im Jahr bekommen die Beitragszahler eine Art Taschenspiegel ins Haus: Die Renteninformation. Und beim Blick darauf kann schon mal die Frage aufkommen: Wird das Geld reichen, um im Alter über die Runden zu kommen? Das Rentenniveau sinkt und sinkt. Zurzeit liegt es bei knapp 48 Prozent des Durchschnitts-Lohns. Arbeitsministerin Andrea Nahles will gegensteuern.

"Deswegen werde ich jetzt im Herbst ein Gesamtkonzept zur Rente vorlegen, was genau diese Fragen aufgreift: Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung."

Andrea Nahles, Bundesarbeitsministerin

Weiteres Absinken der Rente will Nahles vermeiden

Aus Sicht von Nahles heißt das: Eine Haltelinie muss her. Das Problem: Im Koalitionsvertrag findet sich dazu nichts. Das dürfte die Verhandlungen mit der Union erschweren. CDU und CSU haben sich vorgenommen, geschlossen in die Gespräche mit der SPD zu gehen. Deshalb das Spitzetreffen heute Abend. Die Unionsparteien haben eine Menge zu besprechen. Zum Beispiel, wie es mit der Mütterrente weitergeht. Die CSU will durchsetzen, dass bei allen Müttern auch das dritte Erziehungsjahr anerkannt wird. Also auch bei denen, die ihr Kind vor 1992 zur Welt gebracht haben. Eine Idee, die manche in der Schwesterpartei skeptisch sehen. Der CDU-Wirtschaftsflügel warnt generell davor, den Bürgern bei der Rente zu viel zu versprechen. Die junge Gruppe in der Unionsfraktion ist im Prinzip offen für eine Ausweitung der Mütterrente, formuliert aber eine Bedingung.

"Das darf nicht dazu führen, dass in fünf Jahren die Beiträge steigen. Es muss aus dem Steuersack finanziert werden - mit dem entsprechenden Zuschuss, weil das eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist."

Marian Wendt. MdB, CDU

Ost und West vereint: auch beim Rentenniveau?

Thema des TagesVor dem Treffen der Unionsspitzen zum Thema Rente

Die Frage ist, ob sich Finanzminister Wolfgang Schäuble darauf einlässt. Es geht um mehrere Milliarden Euro im Jahr - und die Mütterrente ist nicht der einzige Punkt, der den Bundeshaushalt belasten könnte. Auch die geplante Angleichung der Altersbezüge in Ostdeutschland an das Niveau im Westen wird viel Geld kosten. Trotzdem: Für die Arbeitsministerin ist es höchste Zeit, dass Deutschland auch in diesem Punkt zusammenwächst.

"Ich würde dann schon, wenn wir jetzt so langsam aufs 30. Jubiläum kommen, das letzte Sozialsystem, das noch nicht angeglichen ist – nämlich die Rente – auch gerne angleichen. Gleiches Recht für alle."

Andrea Nahles, Bundesarbeitsministerin

Es hakt am Finanzministerium

Nahles will dafür Steuergeld verwenden - Schäuble ist dagegen. Weitgehend einig sind sich die Koalitionspartner darin, die betriebliche Altersvorsorge zu stärken. Betriebsrenten und private Vorsorge: Beides soll auch in Zukunft die gesetzliche Rente ergänzen. Für Geringverdiener ein Ding der Unmöglichkeit – findet Matthias Birkwald von der Linksfraktion.

"Es ist absolut zynisch, wenn die Bundesregierung diesen Menschen empfiehlt, privat vorzusorgen. Dafür haben sie nämlich kein Geld. Von acht Euro 50 oder neun Euro geht das einfach nicht."

Matthias Birkwald, MdB, Die Linke

Tatsächlich zeigt die Statistik, dass nicht mal jeder zweite Geringverdiener neben der gesetzlichen Rente noch etwas fürs Alter auf die Seite legt. Der Streit über die Zukunft der Rente: Er hat gerade erst so richtig begonnen.