Das deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Köln hat herausgefunden, dass rund 20 Prozent der 2,3 Millionen Solo-Selbstständigen nicht ausreichend für die Rente vorsorgen. Trifft das auch auf Mitteldeutschland zu und welche Konzepte hat die Politik, um diesem Problem zu begegnen?
Eines vorweg: Die Faktenlage ist dünn. Keine Statistik erfasst, wie viele Solo-Selbstständige es in Mitteldeutschland gibt und wie sie für die Rente vorsorgen. Gundula Lasch, Leipziger Journalistin und ehrenamtliche Vorsitzende der Selbstständigen bei Verdi, weiß das auch nicht. Aber sie kann sagen, dass sich viele ihrer 2.000 Mitglieder in Mitteldeutschland im Alter auf Grundsicherung einrichten müssen.
Im Monat käme so für viele nicht mehr als 1.200 Euro zusammen. Journalisten, Schauspieler aber auch Kurierfahrer oder Friseure seien darunter, alles Menschen, die für sich und ohne Angestellte arbeiten. Wenn im Bundesdurchschnitt jeder fünfte nicht ausreichend für die Rente vorsorgt, könnte die Zahl im Osten noch höher liegen, glaubt Gundula Lasch, die dafür zwei Gründe sieht.
"Das eine ist, dass sie nicht auf Immobilienbesitz, Erbschaften und so weiter zurückgreifen können. Das zweite ist, dass viele damit an der untersten Stelle sind, dass sie nicht einmal krankenversichert sind, obwohl es eine Krankenversicherungspflicht gibt. So sind sie erst recht nicht in der Lage, fürs Alter Vorsorge zu treffen."
Die SPD-Bundestagsfraktion hat deshalb vorgeschlagen, die hohen Mindestbeiträge für die Krankenversicherung zu senken. Dann könnten Solo-Selbstständige auch in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Die Leipziger SPD-Bundestagsabgeordnete Daniela Kolbe:
"Wenn wir wollen, dass sie abgesichert sind, auch in einer Phase, wo es mal nicht so gut läuft, ist das ein richtiger Schritt, weil wir reden nicht über die Superreichen im Land, sondern wir reden oft über Selbstausbeutung, über Leute, die etwas mit ganz viel Herzblut machen und darüber hinwegsehen, dass sie eigentlich nicht genügend Gewinn erzielen."
Vor der Bundestagswahl werde die Idee aber nicht umgesetzt, sagt Kolbe. Der Koalitionspartner CDU lehne den Vorschlag ab. Die Linksfraktion im Bundestag fordert, dass die Renten- und Krankenkassenbeiträge an die tatsächlichen Einkommen der Solo-Selbstständigen angepasst werden müssten. Wenn noch das deutsche Rentensystem anders funktionieren würde, müsste keiner Altersarmut fürchten, sagt der rentenpolitische Sprecher Matthias W. Birkwald.
"Alle Menschen mit Erwerbseinkommen sollen in die Rentenversicherung einbezogen werden. Also als erstes Solo-Selbstständige und Selbstständige. Aber wir wollen auch, dass Politikerinnen und Politiker und natürlich auch der VW-Chef genauso wie Beamtinnen und Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Das wäre ein solidarischeres System."
Um genau zu wissen, wie es den Solo-Selbstständigen geht, hat Birkwald nun ein große Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Er wolle erfahren, welche Einkommen die Betroffenen haben. Wie es in Ost und West aussieht, was Frauen und was Männer verdienen. Auf dieser Basis könne man entscheiden, wie Solo-Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden könnten. Eine Antwort der Bundesregierung stehe noch aus.
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