100% sozial
Matthias W. Birkwald

Politik für die Mehrheit der Menschen statt für Milliardäre

04.02.2017
Büro S.D.

„Umverteilen Jetzt! Armut und Reichtum in Deutschland“ – unter diesem Motto stand eine Konferenz der Bundestagsfraktion vor Ort in Bochum. Mehr als 400 Interessierte, darunter Vertreterinnen und Vertreter aus den Gewerkschaften sowie den sozialen Bewegungen, waren dazu am 3. Februar ins Jahrhunderthaus gekommen.

„Es macht mich betroffen, wie unsere Stadt ruiniert und immer mehr Menschen von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen werden“, kritisierte Amid Rabieh, Kreissprecher der Bochumer LINKEN, zum Auftakt. „Es herrscht regelrecht ein Klima der Abstiegsangst und der totalen Verunsicherung. Wir haben inzwischen eine Armutsquote von 18,7 Prozent. Jedes fünfte Kind lebt hier von Hartz IV. Das ist eine Schande, die wir niemals akzeptieren werden.“

Hartz IV bedeutet Armut

Armut ist kein Naturgesetz, sie ist menschengemacht. Darauf machte der Kölner Politikwissenschaftler und Kandidat der LINKEN zur Wahl des Bundespräsidenten Prof. Dr. Christoph Butterwegge (YT), aufmerksam. Sein einprägsames Bild: Wenn eine Hartz-IV-Empfängerin Windeln für ihr Kind kauft, muss sie 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen. Wer ein Aktienpaket für 30 Millionen Euro kauft, muss dafür keine Umsatzsteuer zahlen. Und wenn er sagt, das Vermögen in Deutschland konzentriere sich in den Händen einiger weniger Superreicher, dann hat der renommierte Armutsforscher auch hier ein plastisches Beispiel parat: Die Geschwister Susanne Klatten und Stefan Quandt haben im vergangenen Jahr allein aus ihren BMW-Aktien 994,7 Millionen Euro Dividende erhalten.

„Hartz IV“ bedeutet Armut, erinnerte Dr. Ulrich Schneider (YT), Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands und Autor des gerade erschienenen Buches „Kein Wohlstand für alle – Wie sich Deutschland selbst zerlegt“. „Armut ist für die meisten Menschen kein periodisches Ereignis in ihrem Leben, sondern einmal in der Armut angekommen, gibt es für sie immer weniger Chancen, diese zu verlassen.“ Der permanente Kampf, bis zum Monatsende über die Runden zu kommen, mache immer mehr Menschen fertig. „Wenn wir so weitermachen“, so Schneider, „zerlegt sich dieses Land. Ohne Umverteilung fahren wir Deutschland an die Wand.“

»Für soziale Gerechtigkeit muss man umverteilen«

Die Bochumer Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen (YT) machte den Zusammenhang zwischen schwindender sozialer Sicherheit und Aufrüstung deutlich. „Wir erleben in Deutschland zur Zeit eine neue Phase der Aufrüstung. Es geht um sage und schreibe eine Aufstockung um 28 Milliarden Euro, die Union und SPD anvisieren. Zum Vergleich ein kostenloses Mittagessen in allen Kitas und Schulen würde 8 Milliarden Euro im Jahr kosten. Wir sagen deshalb: Schulspeisung statt Panzerkreuzer, sichere Renten statt Militärkorvetten“, so die Sprecherin für Internationale Beziehungen der Fraktion.

Christian Leye, Landessprecher der LINKEN NRW, nahm in seinem Beitrag die SPD in die Pflicht: „Wer soziale Gerechtigkeit will, der muss mehr leisten als auf Sigmar Gabriel zu verzichten. Für soziale Gerechtigkeit muss man umverteilen, und dafür muss man sich mit den Mächtigen anlegen.“

Wachsende Armut im Ruhrgebiet

Sahra Wagenknecht (YT), Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, attackierte mit deutlichen Worten die unsoziale Politik der anderen Parteien. Die würden in Wahlkämpfen gern von den hartarbeitenden Menschen in Deutschland reden, für die mehr getan werden müsse, machten aber seit Jahren Politik gegen deren Interessen. „Das kann doch so nicht weitergehen, dass da eine dröge Frau Kraft hinweg regiert über wachsende Armut im Ruhrgebiet“, rief Wagenknecht unter anhaltendem Applaus. „Und deshalb braucht es uns LINKE auch im Landtag von Nordrhein-Westfalen, damit wir dieser Regierung Druck machen können. Denn außer uns stellt keiner mehr den einfachen Zusammenhang her: Wer ich nicht arm, wärst du nicht reich.“ Eine Feststellung, die Moderator Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, bekräftigte.

Zum ewigen Mantra, DIE LINKE sei „nicht regierungsfähig“, merkte Wagenknecht schließlich kämpferisch an: „Was ist der Maßstab für Regierungsfähigkeit in einer Demokratie? Das sollte doch sein, dass man Politik für die Mehrheit der Menschen und nicht für irgendwelche Lobbyisten macht. Und in dem Sinne ist es endlich an der Zeit, dass diese ganzen regierungsunfähigen Parteien abgewählt werden“ – in NRW wie im Bund.