100% sozial
Matthias W. Birkwald

Wir können uns eine gute Rente leisten!

Im Wortlaut von Matthias W. Birkwald MdB

30.08.2017

Ende Juli veröffentlichte die Bundesregierung ihren Sozialbericht. Sofort schossen die marktradikalen Prophet*innen aus allen Rohren: "Sozialausgaben steigen bis 2021 auf über eine Billion!" titelte zum Beispiel die Wochenzeitung DIE ZEIT und das Handelsblatt legte noch einen drauf: "Sozialstaat per Gießkanne".

Erst kam die Panikmache. Dann kamen die Kürzungsvorschläge für den vermeintlich größten "Brocken": 294 Milliarden Euro Ausgaben für gesetzliche Renten im vergangenen Jahr! Wahnsinn, heißt es da schnell bei den sogenannten Wirtschaftsforscher*innen. Das dürfe so nicht bleiben, denn immer weniger Junge müssten für immer mehr Alte die Rechnung zahlen.

So klingt die Begleitmusik für so absurde Vorschläge aus der CDU wie der Rente erst ab 70. Und es ist die Begleitmusik zu den Vorschlägen von SPD und Grünen, eine 'Haltelinie' einzuziehen und das Rentenniveau bei 48 Prozent zu stabilisieren.

Nein, lieber Martin Schulz, ein Rentenniveau von 48 Prozent ist keine Haltelinie. Es stabilisiert auch nichts. Es schriebe nur jede einzelne Rentenkürzung der vergangenen 15 Jahre für die Zukunft fest! Denn 48 Prozent Rentenniveau bedeuten, dass man schon heute mehr als 2000 Euro brutto im Monat verdienen muss, um nach 45 Jahren Arbeit nicht den Gang zum Sozialamt antreten zu müssen!

Deshalb bleibt DIE LINKE dabei: Nur ein Rentenniveau von mindestens 53 Prozent sichert den Lebensstandard im Alter. Eine Standardrentnerin oder ein Eckrenter hätte dann heute 123 Euro mehr Rente im Monat in der Tasche. Netto. Und 2030 wären es dann 313 Euro mehr! Das ist im Land mit dem viertgrößten Bruttoinlandsprodukt der Welt auch finanzierbar.

Schauen wir mal ohne neoliberale Brille in den Sozialbericht:

  • Die Sozialleistungsquote – also der Anteil der Sozialausgaben am erwirtschafteten Reichtum (Bruttoinlandsprodukt) – liegt seit Mitte der 90er Jahre stabil bei 28 oder 29 Prozent!. Die Sozialausgaben explodieren nicht, sondern sie steigen im Gleichschritt mit der Wirtschaftsleistung: Der Kuchen wird größer und damit auch das Stück Kuchen, dass wir uns fürs Alter, für Kranke, zu Pflegende oder für die Kindererziehung leisten können!
  • Gerade die Ausgaben für die Rente bleiben erstaunlich stabil. Zwischen 2000 und 2021 werden sie voraussichtlich sogar von 10,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes auf 9,6 Prozent sinken.
  • Auch die Beitragssätze für die Rente sind mit 18,7 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit 1996. Hätten die Rentenniveaukürzungsparteien SPD, Grüne, CDU, CSU und FDP den Beitragssatz für die von den Arbeitgebenden und den Beschäftigten zu gleichen Teilen zu finanzierenden gesetzlichen Rente nicht gekürzt und nicht gleichzeitig die Beschäftigten gezwungen, vier Prozent ihres Bruttolohns in unrentable Riesterprodukte zu stecken, dann wäre ein Rentenniveau von 53 Prozent auch gut zu finanzieren.

An all dem wird auch die Bevölkerungsentwicklung nichts ändern. Wir haben es ausgerechnet: Wenn die Produktivität je Erwerbstätigem auch weiterhin Jahr für Jahr nur um ein Prozent stiege, wüchse der Kuchen (das Bruttoinlandsprodukt real in Preisen von 2015) von drei Billionen Euro (2015) auf 3,8 Billionen Euro an. Das hieße: Auch das Kuchenstück (Bruttoinlandsprodukt pro Kopf) wüchse von 37.000 Euro auf 50.242 Euro. Trotz Bevölkerungsrückgang und trotz Alterung!

Außerdem fordert DIE LINKE seit Jahren, die gesetzliche Rente gerecht zu finanzieren. Wir fordern konkret,

  • alle Menschen mit Erwerbseinkommen in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen, damit auch Beamt*innen, Selbständige, Freiberufler*innen und Politiker*innen gerecht zur Finanzierung der gesetzlichen Rente beitragen,
  • die Beitragsbemessungsgrenze schrittweise drastisch anzuheben bzw. aufzuheben,
  • und die sich daraus ergebenden besonders hohen Rentenansprüche (über 2740 Euro) abzuflachen.

Dann würden stärkere Schultern mehr tragen als schwache. Klipp und klar: Wir können uns eine gute Rente leisten.

Dafür steht DIE LINKE!