Mit ihrer Kampagne „Menschen vor Profite- Pflegenotstand stoppen!“ und der zentralen Forderung nach einer wirksamen gesetzlichen Personalbemessung liegt DIE LINKE richtig.
Dieser Kernaussage stimmten die Referent*innen Thomas Zrmzly von der ver.di- Vertrauenskörperleitung am Universitätsklinikum Düsseldorf und Nadine Mai von der Initiative ‚Pflegen am Limit‘ ebenso zu wie die 22 Teilnehmenden des fünften LINKEN Feierabendtalks „Zwesche Salzjebäck un´ Bier“.
Gastgeber Matthias W. Birkwald berichtete einleitend aus dem Bundestag über die Debatte zum kürzlich von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorgestellten "Pflegepersonal-Stärkungsgesetz":
Der Regierungs-Entwurf macht deutlich, dass der Druck von LINKS bei den Regierungsparteien Union und SPD Wirkung zeige. Von einer wirklichen Lösung der Probleme ist er aber meilenweit entfernt. Die Herauslösung der Pflegepersonalkosten aus den Fallpauschalen (DRGs) in der Krankenhausfinanzierung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, den auch DIE LINKE ausdrücklich begrüßt. Eine wirksame gesetzliche Mindestpersonalbemessung für alle Krankenhäuser und alle Abteilungen, die sich daran orientiert, wie viel Personal in der konkreten Arbeitssituation auf den Stationen für eine gute Pflege und Versorgung der Patient*innen wirklich gebraucht wird, enthält das Gesetz jedoch nicht.
Mit einem am Uni-Klinikum Düsseldorf über 46 Streiktage und in Essen über 33 Streiktage im August und September intensiv geführten Arbeitskampf hat die Gewerkschaft ver.di für diese beiden Kliniken eine Vereinbarung erreicht, die mit Neueinstellungen von zusätzlichem Personal die Arbeitsbedingungen in der Pflege tatsächlich verbessern könne.
Thomas Zrmzly berichtete ausführlich, wie dieser Arbeitskampf durch die von Organizern unterstützte persönliche Ansprache von Pflegebeschäftigten und die Einbeziehung der weniger qualifizierten Beschäftigten des Klinikums vorbereitet und durchgehalten werden konnte. Dabei habe auch die Mobilisierungswirkung und die gesellschaftliche Unterstützung eine große Rolle gespielt. Dies sei durch die Verbindung des Streikziels "Mehr Personal" mit der gesellschaftlichen Debatte um den Pflegenotstand möglich geworden.
Solche betrieblichen Erfolge, so eines der wesentlichen Ergebnisse der Diskussion, seien wichtige Meilensteine, um den Druck in Richtung auf eine gesetzliche Personalbemessung zu erhöhen. In der Breite der in NRW mit einem Anteil kirchlicher Träger von 72 Prozent zersplitterten Krankenhauslandschaft sei aber ohne eine gesetzliche Regelung eine flächendeckende Verbesserung der Lage nicht ausschließlich auf dem Weg betrieblicher Auseinandersetzungen zu erreichen.
Gerade auch solchen Beschäftigten in der Kranken- und Altenpflege eine Plattform zu bieten, sich über Erfahrungen auszutauschen und Missstände öffentlich zu machen, welche in Betrieben arbeiten, wo handlungsfähige gewerkschaftliche Strukturen nicht vorhanden sind, ist das erklärte Ziel der Initiative ‚Pflegen am Limit‘, erläuterte deren Mitgründerin Nadine Mai.
In der sehr intensiven und auch von den Teilnehmenden mit persönlichen Krankenhauserfahrungen aus der Perspektive von Beschäftigten und Patient*innen angereicherten Diskussion kamen mindestens zwei weitere wichtige Aspekte zur Sprache, auf die sich die Teilnehmenden verständigen konnten:
* Bei den Kämpfen gegen den Pflegnotstand müssen die Interessen der weniger qualifizierten Beschäftigten in den Krankenhäusern eingebunden werden. Diese leisten in den Krankenhäusern und Einrichtungen vom Bettentransport über die Krankenhausküche bis zur Laborhilfe wichtige Arbeit, ohne die eine gute Pflege nicht möglich ist. Oft stellen sie auch einen hohen Anteil an den gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten im Krankenhaus.
An der Uni-Klinik Düsseldorf ist jedoch – wie auch an der Kölner Uni-Klinik – ein hoher Anteil dieser Beschäftigten bei Tochtergesellschaften beschäftigt, welche meist eigens zu dem Zweck gegründet wurden, Löhne unterhalb der für die Kliniken geltenden Tarifverträge zu zahlen. Diese Spaltung der Beschäftigten muss überwunden werden!
* Die derzeit gängige Praxis, dem Pflegenotstand durch die gezielte Anwerbung von Fachkräften im Ausland zu begegnen, kann keine Dauerlösung sein. Dieser ‚brain drain‘ gefährdet die Gesundheitsversorgung in den Herkunftsländern. Angesetzt werden muss vielmehr an einer Verbesserung der Ausbildung und der Arbeitsbedingungen in der Pflege: Heute halten es ausgebildete Pfleger*innen in ihrem Beruf im Durchschnitt nicht länger als 7,5 Jahre aus. Mit einer deutlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen, welche es erlaubt, den Beruf länger auszuüben, kann ein weit wirksamerer Beitrag gegen den Mangel an ausgebildetem Fachpersonal geleistet werden.
Ein interessanter und erkenntnisreicher Abend zwesche Salzjebäck un Bier. Wieder einmal. Der nächste folgt am Montag, dem 03. Dezember 2018. Zu Gast wird dann die stv. Fraktionsvorsitzende der LINKEN, Susanne Ferschl, sein. Sie ist Leiterin des Arbeitskreises I "Arbeit, Soziales und Gesundheit" und Sprecherin für Gute Arbeit.
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