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Matthias W. Birkwald

Linke will Rentenniveau von 53 Prozent statt Riester

Matthias W. Birkwald im Gespräch mit dem VersicherungsJournal.de

23.03.2019
Manfred Brüss

Linke will Rentenniveau von 53 Prozent statt Riester

Der Deutsche Bundestag debattiert heute über einen Renten-Antrag der Linksfraktion. Darin wird unter anderem eine Anhebung des Rentenniveaus auf mindestens 53 Prozent gefordert. Dies würde auf der einen Seite eine Beitragssteigerung in der gesetzlichen Rentenversicherung von 18,6 auf 20,9 Prozent erforderlich machen; zugleich wäre die staatlich geförderte Riester-Rente obsolet.

Bundesarbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) bekam von der linken Spitze zwar Lob für sein Grundrenten-Modell. Aber dies tauge nicht zur Armutsbekämpfung.

Am Mittwoch vor der Presse in Berlin skizzierte die linke Parteivorsitzende Katja Kipping bereits die auf vier Säulen beruhende Rentenpolitik der Partei. Ein Eckpunkt in dem Rentenpapier der Linken ist die Rückkehr zu einem höheren Rentenniveau.

Kipping sagte im Beisein des Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch und des rentenpolitischen Sprechers der Fraktion, Matthias W. Birkwald: „Wir wollen einen sozialen Aufbruch.“

Als Kernelemente linker Rentenpolitik bezeichnete Kipping eine Anhebung des Mindestlohn auf mindestens zwölf Euro je Stunde sowie die Rückkehr zu einem Rentenniveau von mindestens 53 Prozent.

Dazu gehörten Mindestanforderungen von Beitrags- sowie Kindererziehungszeiten oder die Pflege von Angehörigen in Höhe von 25 statt 35 Jahren sowie eine solidarische Mindestrente von 1.050 Euro im Monat. Letztere soll durch ein regionales Wohngeld begleitet werden.

Die Linke kämpft schon lange politisch für eine Rückkehr zu einem Rentenniveau von mindestens 53 Prozent.

Um diese und andere Leistungsverbesserungen zu finanzieren, soll der Beitragssatz von heute 18,6 Prozent umgehend auf 20,9 Prozent angehoben werden.

Dadurch würde sich der monatliche Renten-Versicherungsbeitrag eines Arbeitnehmers mit einem Durchschnittsverdienst von 3.364 Euro (2020) um knapp 39 Euro erhöhen. Gleiches würde für den Arbeitgeber gelten.

Wenn auf der anderen Seite die vier Prozent an Beiträgen für die Riester-Rente wegfallen würden, dann würde ein Durchschnittsverdiener um knapp 120 Euro (2020) entlastet, rechnet die Linke vor.

Im Ergebnis entstünde eine Entlastung von 81,28 Euro trotz des gestiegenen Rentenbeitrags.

Nach Angaben der Linksfraktion hält das Bundesministerium für Arbeit und Soziales(BMAS) im Jahr 2030 ein Rentenniveau von 53 Prozent finanzierbar, wenn der Beitrag auf 25,7 Prozent ansteigen würde.

Aber auch hier würde sich für die Versicherten ein Vorteil errechnen, wenn der Riester-Beitrag in Höhe von vier Prozent (168,88 Euro bei einem Gehalt von 4.537 Euro) wegfallen würde.

Nach dem derzeitigen Diskussionstand um die von Bundesarbeits- und sozialminister Hubertus Heil (SPD) favorisierte Grundrente gilt als Voraussetzung, dass jemand 35 Jahre versichert war, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt hat (VersicherungsJournal 4.2.2019). Diese Grenze ist auch so im Koalitionsvertrag festgehalten.

Heil hatte aber schon mehrfach durchblicken lassen, dass er sich vorstellen könnte, von dieser strikten Kappungsgrenze abzugehen.

Für den linken Rentenpolitiker Birkwald machen solche strikten Grenzen schon Sinn. „Wer meint, dass eine Wartezeit von 35 Jahren zu hoch sei, sollte keine brüchige Rampe basteln, sondern die Wartezeit auf 25 Jahre absenken“, sagte Birkwald dem VersicherungsJournal am Rande der Pressekonferenz.

Dabei wurde auch bekannt, dass der Gesundheitsausschuss des Bundestags gestern erneut die Behandlung des Antrags der Linksfraktion auf Rückkehr zur halben Verbeitragung von Betriebsrenten VersicherungsJournal 31.1.2019), vertagt hat.

Die Koalition habe nun schon zum fünften Mal weiteren Beratungsbedarf angemeldet, obwohl die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gut gefüllt seien, sagte Birkwald.

Manfred Brüss