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Matthias W. Birkwald

Union trägt zum Scheitern der Rentenkommission bei

"Die Union verschleiert ihren Anteil am Scheitern der sogenannten Grundrente, verabschiedet sich von der lebensstandardsichernden Funktion der gesetzlichen Rente und trägt damit zum Scheitern der Rentenkommission bei!" sagt Matthias W. Birkwald.

14.02.2020
Matthias W. Birkwald im Phoenix-Interview

Im Positionspapier einer Arbeitsgruppe der Unionsfraktion zur Begleitung der Rentenkommission sind schon die Grundannahmen komplett falsch.

Wer erstens die Tatsache ignoriert, dass 19,6 Prozent aller Menschen in Rentner*innenhaushalten als arm gelten und stattdessen schreibt, dass Altersarmut "derzeit noch kein weit verbreitetes Problem“ sei, geht an der Lebensrealität der Menschen in Deutschland komplett vorbei.

Wer zweitens die vom DIW festgestellte Tatsache ignoriert, dass 62 Prozent aller Menschen, die Anspruch auf die „Grundsicherung im Alter“ hätten, diese aus Scham oder anderen Gründen nicht in Anspruch nehmen und dann schreibt, dass verdeckte Altersarmut "nicht ausgeschlossen werden kann" betreibt eine üble Verschleierungstaktik.

Wer drittens die zentrale Bedeutung des Rentenniveaus für die Lebensstandardsicherung und Armutsfestigkeit der gesetzlichen Rente wegdefinieren will, hat überhaupt keine Ahnung.

Schlimmer noch: Den rapiden Verfall des Rentenniveaus von 53  (2000) auf 48,16 Prozent (2019) als Anstieg zwischen 2015 und heute zu verkaufen, ist eine schamlose und üble Zahlentrickserei auf Kosten von Rentnerinnen und Rentnern.

Vollständig absurd wird es, wenn die Union jetzt einen durchaus  akzeptablen Vorschlag für einen Rentenzuschlag für Niedrigverdienende komplett ohne Einkommens- und Bedürftigkeitsprüfung vorlegt, aber dieselbe CDU/CSU seit Mai 2019 die sozialdemokratische sogenannte "Grundrente" an allen Ecken und Enden kürzt, verschlechtert und  komplizierter macht. Die Union hat die sogenannte „Grundrente“ in der Leistungshöhe und bei den Anspruchsberechtigten nach unten gedrückt. Damit hat sie jede Glaubwürdigkeit verloren und ich fordere sie auf: Entschuldigen Sie sich öffentlich bei Minister Hubertus Heil für Ihre Destruktionstaktik!

Im Übrigen: Sobald Jens Spahn und Friedrich Merz den wirtschaftsliberalen Rotstift an dieses Papier anlegten, bliebe nur noch die verlängerte Lebensarbeitszeit von 47 Jahren davon übrig. Die ist der größte Skandal in dem Papier! Jede und jeder weiß, dass viele Menschen mit prekären Biographien und Phasen der Arbeitslosigkeit keine Chance haben, die 47 Jahre zu schaffen und jede und jeder weiß, dass Niedrigverdienende viel früher sterben als Gutverdienende. Deshalb fordert DIE LINKE eine abschlagsfreie Rente ab 60 Jahren nach 40 Beitragsjahren.

Spannend an dem Papier wären eigentlich die obligatorische und rein arbeitgeberfinanzierte Betriebsrente zumindest für Niedrigverdienende und die Öffnung von freiwilligen Zusatzbeiträgen bei gleichzeitiger Übernahme unserer LINKEN Kritik an der gescheiterten Riesterrente. Aber die konkreten Vorschläge zur Rettung der Riesterrente sind dann katastrophal: Staatliche Zulagen sollen erhöht werden und gleichzeitig der Ertrag der Rente stärker von der Entwicklung auf den Kapitalmärkten abhängig gemacht werden. Der Staat würde also noch mehr Steuermittel in einer riskanteren Vorsorge versenken!

Kurz: Mit diesem Papier verschleiert die Union ihren Anteil am Scheitern der sogenannten "Grundrente", verabschiedet sich von der lebensstandardsichernden Funktion der gesetzlichen Rente und trägt damit zum Scheitern der Rentenkommission bei.

Dies zeigt: Die demokratischen Oppositionsfraktionen nicht an der Rentenkommission zu beteiligen, war genauso ein Fehler, wie Professor Axel Börsch-Supahn in sie zu berufen. Er will das Rentenniveau absenken und die Lebensarbeitszeit zu Lasten der Menschen mit niedrigen Einkommen dramatisch verlängern.

Es gilt, beides zu verhindern!