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Matthias W. Birkwald

Betriebsrenten: Ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Der neue Freibetrag entlastet Betriebsrentner bei ihren Sozialabgaben. An der Kritik der LINKEN ändert das kaum etwas, sagt Matthias W. Birkwald im Interview mit krankenkasseninfo.de.

27.02.2020
Matthias W. Birkwald auf der Fraktionsebene des Deutschen Bundestages

Matthias W. Birkwald, ist parlamentarischer Geschäftsführer der LINKEN im Bundestag. Als Experte für Rentenpolitik trug er jahrelang die Forderungen seiner Fraktion nach dem Ende der Doppelverbeitragung von Betriebsrenten und Direktversicherungen vor.

Die von der Bundesregierung nun beschlossene Einführung eines Freibetrags sieht er als einen ersten Teilerfolg an. Der politische Druck in dieser Frage soll und muss weitergehen, so der Obmann im Sozialausschuss.

Seit Jahresbeginn ist das  GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz in Kraft. Handelt es sich aus Ihrer Sicht tatsächlich um eine wirksame Entlastung von Millionen Betriebsrentnern?

Ab diesem Jahr werden viele Direktversicherte und Betriebsrentner um rund 25 Euro im Monat entlastet, weil es zusätzlich zur Freigrenze einen Freibetrag von 159,25 Euro geben wird. Damit werden die Krankenkassenbeiträge bei Betriebsrenten zwischen knapp 160 Euro und rund 318 Euro de facto halbiert. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, vor allem für Menschen mit kleinen Betriebsrenten und Direktversicherungen. Nach insgesamt drei parlamentarischen Anträgen der LINKEN und vielen Debatten hat sich die Bundesregierung zu einer - zwar bescheidenen - aber zumindest spürbaren Entlastung durchgerungen. Das Problem ist damit aber höchstens zu 20 Prozent gelöst.

Zu Ihren ursprünglichen Forderungen eine Halbierung des Beitragssatzes. Wie ist es nun zu bewerten dass trotz Freibetrag nach wie vor der volle Beitragssatz auf die Betriebsrenten anzuwenden ist?

DIE LINKE im Bundestag findet das nicht nachvollziehbar. Wir haben uns deshalb eine zielgenaue Staffelung überlegt: Auf Direktversicherungen, die vor 2004 abgeschlossen wurden, soll gar kein Beitrag mehr erhoben werden - auch keiner für die Pflegeversicherung.

Und Betriebsrentnerinnen und -rentner und Direktversicherte mit Renten oberhalb des Freibetrags sollten grundsätzlich nur den halben Beitragssatz zahlen müssen. Außerdem muss die sozialabgabenfreie Entgeltumwandlung endlich abgeschafft werden!

Wir fordern die volle Beitragspflicht beim Ansparen und Beitragsfreiheit bei der Rentenauszahlung.

Kann man eigentlich nach wie vor von  doppelten Sozialbeiträgen sprechen, die von den betroffenen Rentnerinnen und Rentnern zu leisten sind?

Solange unsere drei Forderungen nicht erfüllt sind: Ja!

Selbst auf die reale Entlastung müssen die Betriebsrentner aus technischen Gründen noch monatelang warten – trotz gesetzlichem Anspruch darauf. Wie werden Sie sich in dieser Frage politisch einmischen?

Wir werden in den kommenden Monaten zunächst auf die schnelle Umsetzung des Gesetzes drängen, denn hier hakt es noch an allen Ecken und Enden. Wir haben von Betroffenen Schreiben ihrer Krankenkasse erhalten, dass sich die Auszahlung der nun um rund 25 Euro höheren Betriebsrenten bis zum Jahresende verzögern könnte und haben daraufhin Gesundheitsminister Jens Spahn um Aufklärung gebeten. Das Gesundheitsministerium wusste ja seit der Expertenanhörung im Gesundheitsausschuss Anfang Dezember 2019 um die technischen Herausforderungen. Minister Spahn schien selbst überrascht und bezeichnete diese Verzögerung der Krankenkassen als nicht akzeptabel.

Ich fordere Minister Jens Spahn und vor allem den GKV-Spitzenverband und die Zahlstellen der Betriebsrenten auf, unverzüglich zu verhandeln und schnellstmöglich die technischen Voraussetzungen für eine korrekte Auszahlung und die entsprechende Nachzahlung zu schaffen.  Anderenfalls wird sich der Frust der Betroffenen über die eh schon bescheidene Entlastung nur noch vergrößern.

Eine Nachzahlung erst in der zweiten Jahreshälfte ist völlig inakzeptabel!

Außerdem planen wir ein Treffen mit dem Verein der Direktversicherungsgeschädigten und wollen uns dann mit den Betroffenen verständigen, wie wir weiter Druck machen können, damit es zu einer Lösung kommt, die Allen gerecht wird.