100% sozial
Matthias W. Birkwald

Schluss mit Privilegien: Bundestagsabgeordnete müssen endlich in die Gesetzliche Rentenversicherung einzahlen!

Auf dem Weg zu einer echten Erwerbstätigenversicherung macht DIE LINKE im Bundestag ernst. In seiner Bundestagsrede vom 30. Oktober legt Matthias W. Birkwald ein detailliertes Vier-Punkte-Programm vor.

30.10.2020

Einen Zusammenschnitt der Debatte finden Sie auf meiner Facebook-Seite

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

 

Gewerkschaften, Sozialverbände und sehr viele Bürgerinnen und Bürger wollen eine Rente für alle Menschen mit Erwerbseinkommen. Deshalb fordern wir LINKEN als ersten Schritt hin zu einer echten Erwerbstätigenversicherung, dass Bundestagsabgeordnete ab 2021 endlich Beiträge von ihrer Abgeordnetenentschädigung in die gesetzliche Rente einzahlen, und das nicht nur für einen Teil unserer Diäten, sondern für die volle Abgeordnetenentschädigung. Wir wollen Privilegien abschaffen; das heißt für uns soziale Gerechtigkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Konkret braucht es vier Schritte:

Erstens. Ab der kommenden Legislaturperiode müssen Bundestagsabgeordnete von ihrer Diät 9,3 Prozent in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.

Zweitens. Weitere 9,3 Prozent der Abgeordnetenentschädigung zahlt der Bundestag als Arbeitgeberanteil in die Rentenkasse ein.

(Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU): Der Bundestag ist doch kein Arbeitgeber!)

Im Ergebnis werden die Altersbezüge von uns Abgeordneten so zunächst um bis zu 73 Prozent gekürzt. Ja, das ist viel, aber nach unserem Konzept wird es Bundestagsabgeordneten möglich sein, zu den gleichen Konditionen wie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusätzlich Beiträge in eine betriebliche Altersversorgung des Bundestages einzuzahlen.

Wir möchten ein weiteres Privileg abräumen: Wir schlagen drittens vor, die Beitragsbemessungsgrenze in drei Schritten zu verdoppeln und sie langfristig ganz aufzuheben. Dann würden nämlich alle Menschen mit sehr hohen Erwerbseinkommen auch Rentenversicherungsbeiträge zahlen und nicht mehr nur für bis zu 6 900 Euro. Ich sage: Wer 10 000 Euro Monatseinkommen hat, soll auch für 10 000 Euro Beiträge in die Rentenkasse zahlen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann würden auch die Diäten der Bundestagsabgeordneten voll in der gesetzlichen Rente verbeitragt werden.

Wir Abgeordneten entscheiden über die Renten von 76 Millionen Menschen, also von all jenen, die künftig mal eine Rente erhalten werden, und von den heutigen 21 Millionen Rentnerinnen und Rentnern. Darum ist es sozial gerecht, wenn auch wir von unseren eigenen rentenpolitischen Entscheidungen selbst betroffen sein werden.

Zudem: Wenn langfristig alle Menschen mit Erwerbseinkommen, also auch Selbstständige, Freiberuflerinnen, Beamte, Unternehmerinnen, Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften und Abgeordnete, Beiträge in die Rentenversicherung zahlen, dann mögen diese zusätzlichen Einnahmen langfristig auch zur Anhebung des Rentenniveaus eingesetzt werden können.

Deshalb müssen viertens sehr hohe Renten dann im höchsten verfassungsgemäß zulässigen Maße abgeflacht werden. Ein Beispiel: Künftig könnte es Menschen geben, denen aufgrund jahrzehntelanger Beiträge aus sehr hohen Erwerbseinkommen eine gesetzliche Rente von mehreren Tausend Euro zustünde. In der Schweiz gibt es darum eine Höchstrente und übrigens auch eine Mindestrente. Ich fände das gut: 1 200 Euro Mindestrente und zum Beispiel 4 800 Euro Höchstrente. Hier in Deutschland ginge das nicht, weil Sozialversicherungsbeiträge durch Artikel 14 unseres Grundgesetzes eigentumsrechtlich geschützt sind. Und darum sollen sehr hohe Renten abgeflacht werden. Das wäre meines Erachtens nach Artikel 20 unserer Verfassung, dem Sozialstaatsprinzip, in Verbindung mit Artikel 14 Absatz 2 - ich zitiere: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ - auch verfassungskonform.

(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP - Patrick Schnieder (CDU/CSU): Wissen Sie, wovon Sie reden? Ist ja abenteuerlich!)

So geht soziale Gerechtigkeit.

Ich freue mich, Frau Haßelmann und liebe SPD, dass Sie mit uns darüber diskutieren wollen. Wir sind bereit, auch unseren Antrag zu verbessern. Ich freue mich auf alle ihre Vorschläge.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf des Abg. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

 

 

Die sehr spannende Debatte kann man sich vollständig hier ansehen: https://dbtg.tv/fvid/7480662

Den Antrag finden Sie hier am Ende der Seite zum Download.