Wir brauchen jetzt ein Finanzierungskonzept für eine starke und stabile gesetzliche Rente. Nach der Nullrunde in diesem Jahr und zwei Rentenerhöhungen in den kommenden Jahren droht 2024 schon die nächste Nullrunde. Nach dem Blick auf die Heizkostenrechnung und die ja auch insgesamt steigenden Lebenshaltungskosten wird von der Rentenerhöhung nicht viel im Geldbeutel übrig bleiben. Das verunsichert die Menschen!
Wenn die Arbeitgeberseite jetzt argumentiert, dass auf Grund der schlechten Lohnentwicklung während der Coronakrise die Rentenerhöhungen gekürzt werden müssten und so die Renten wieder den Löhnen folgen sollen, so ist das einfach Unsinn. Schaut man sich unvoreingenommen an, wie sich Rentenwerte und Löhne seit dem Jahr 2000 entwickelt haben, so sieht man ganz klar: Die Renten blieben auf Grund der Kürzungsfaktoren weit hinter der Lohnentwicklung zurück. Die sogenannte Standardrente nach 45 Jahren Arbeiten zum Durchschnittslohn müsste 2025 dann im Westen brutto mindestens 160 Euro und im Osten 120 Euro höher pro Monat ausfallen, wenn die Renten seit 2000 der Lohnentwicklung gefolgt wären. Die Rentnerinnen und Rentner werden und wurden also ganz klar von der Wirtschaftsentwicklung abgekoppelt.
Es ist unverantwortlich, dass SPD, Grüne und FDP zuschauen wollen, wie sich die Rentenkasse in den kommenden Jahren leeren werden wird und sie gleichzeitig beabsichtigen, zehn Milliarden Euro Steuergelder auf dem risikoreichen Kapitalmarkt anzulegen. Mit der Aktienrente pur konnte sich die FDP glücklicherweise nicht durchsetzen, also will sie nun über die Hintertür "irgendwas mit Aktien" durchsetzen.
Hintergrund des Kapitalmarktfonds ist ja der Mythos, dass die Gesetzliche Rente zu viel Steuergelder verschlänge. Das ist offensichtlichter oder interessensgeleiteter Unsinn. Der Anteil der Bundeszuschüsse für das Rentensystem an den Steuereinnahmen des Bundes ist seit 2005 von 41 Prozent auf 30 Prozent (2019) zurückgegangen und wird auch in den kommenden Jahre nicht explodieren.
Aber wir brauchen jetzt sofort ein solides Finanzierungskonzept für eine starke gesetzliche Rente. Das ist im Sondierungspapier eine riesige Leerstelle. Wie auch, wenn man Steuererhöhungen ausschließt! Armutsfeste Leistungsverbesserungen, vor allem bei den Erwerbsminderungsrenten für chronisch Kranke, klare Schritte hin zu einer Erwerbstätigenversicherung mit der Einbeziehung von Beamtinnen und Beamten, Selbständigen, Freiberuflichen und Bundestagsabgeordneten, eine höhere Rente für Menschen im Niedriglohnsektor und ein insgesamt höheres Rentenniveau sind dringend notwendig und sie sind finanzierbar. Zehn Milliarden auf dem Aktienmarkt anzulegen bringt da gar nichts.
DIE LINKE spricht sich für einen Dreiklang aus moderat steigenden Beitragssätzen, stabiler Steuerfinanzierung und einer Politik der guten Löhne und der guten Arbeit aus. Wir fordern eine Wiederanhebung des Mindestrentenniveaus von 48 auf lebensstandardsichernde 53 Prozent. Die sogenannte Standardrentnerin hätte dann nach 45 Jahren Arbeit zum Durchschnittslohn eine Nettorente von 1500 Euro statt nur von 1365 Euro auf dem Konto. Der Beitragssatz würde dazu um zwei Prozentpunkte angehoben werden müssen. Das brächte sofort 27 Milliarden Beitragsmittel und fünf Milliarden Steuereinnahmen in die Rentenkasse. Kosten würde das einen Beschäftigten, der 3462 Euro verdient, und seine Chefin gerade einmal jeweils 34,19 Euro mehr im Monat. Das wäre ein einfaches und solides Finanzierungskonzept für eine gerechte Rente.
Zur Debatte um die Aktienrente kam ich in der Jungen Welt vom 4. November 2021 zu Wort: https://www.jungewelt.de/artikel/413822.ruhestand-spekulationsobjekt-rente.html
Aktueller denn je: Ausführliches Interview im „Versicherungsboten“ zu allen wichtigen Fragen rund um die gesetzliche und die private Rente
Bundestagsrede in der Orientierungsdebatte am 26. Januar 2022