- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,
verehrter Minister Hubertus Heil,
in Ihrem Gesetzentwurf versprechen Sie den Menschen, die wegen einer chronischen Krankheit zwischen 2001 und 2018 in eine Erwerbsminderungsrente gehen mussten, ihre Renten zu verbessern.
Das ist gut, das haben wir LINKEN seit Langem gefordert.
Für uns LINKE ist klar:
Krankheit darf nicht arm machen!
Dafür sind Ihre Zuschläge von 7,5 und 4,5 Prozent mehr Erwerbsminderungsrente viel zu niedrig.
Bei einer durchschnittlichen EM-Rente von aktuell nur 886 Euro wären das zwar immerhin 66,45 bzw. 39,87 Euro mehr netto im Monat.
Aber diesen Zuschlag wollen Sie frühestens in zwei Jahren, ab dem 1. Juli 2024, auszahlen.
Das, meine Damen und Herren, ist völlig inakzeptabel!
Die Betroffenen mussten seit 2014 ertragen, dass ihre von viel zu hohen Abschlägen und viel zu kurzen Zurechnungszeiten betroffenen Armutsrenten nicht verbessert wurden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, lieber Hubertus Heil,
Sie möchten die viel zu lange vergessenen Menschen nun ein weiteres Mal mehr als zwei Jahre im Regen stehen lassen?
Dazu sage ich Ihnen: Das geht gar nicht!
Ich habe ja Verständnis für die Probleme der Rentenversicherung, aber wenn es wirklich nicht schneller gehen sollte, dann müssen den Betroffenen im Jahr 2024 wenigstens die Zuschläge für die verlorenen zwei Jahre rückwirkend erstattet werden.
Das fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund, das fordern alle Sozialverbände, das fordern wir LINKEN und darum werden wir dazu einen entsprechenden Änderungsantrag einbringen.
Aber damit nicht genug:
Sie erwecken den Eindruck, mit den Zuschlägen würden Sie diejenigen, die zwischen 2001 und 2018 in eine Erwerbsminderungsrente gegangen sind, mit Jenen gleichstellen, die seit 2019 von den besseren Zurechnungszeiten profitieren.
Dieser Eindruck ist falsch.
Für eine echte Gleichstellung müssten die Zuschläge fast auf acht und auf 13 Prozent verdoppelt werden!
Das hat Ihnen der Sozialverband Deutschland präzise vorgerechnet.
Aber in Ihrem Gesetzentwurf heißt es, dass es den Zuschlag nur bis zu einem - ZITAT –
„Finanzvolumen von 2,6 Milliarden Euro“ (S. 2)
Zitat Ende, geben soll.
Wo haben Sie denn diese Zahl her?
Mir scheint, die wurde von Finanzminister Lindner ausgewürfelt, denn diese Zahl ist völlig willkürlich und vor Allem:
Sie ist viel zu niedrig!
Sie wollen ernsthaft zehn Milliarden Euro für eine obskure Aktienrente ausgeben, aber chronisch kranken Armutsrentnerinnen und Armutsrentnern knapp die Hälfte des notwendigen Zuschlages verweigern?
Wieviel wollen Sie denn noch bei der ärmsten Rentnergruppe einsparen?
Das ist das Gegenteil von sozialer Gerechtigkeit und das ist nur noch zum Kopfschütteln.
Auch deshalb werden wir auch dazu einen durchgerechneten Änderungsantrag einbringen.
Und auch für diesen wird DIE LINKE als Stimme der sozialen Gerechtigkeit die Unterstützung der Sozialverbände erhalten. Dessen bin ich mir sicher.
Verehrte Bundesregierung,
auf Druck der FDP führen Sie den zu Recht ausgesetzten Nachholfaktor wieder ein.
Damit kürzen Sie die diesjährige im Vergleich zwar sehr hohe Rentenanpassung, aber angesichts einer Inflation von bis zu sieben Prozent viel zu niedrige Rentenerhöhung um 0,6 Prozentpunkte und das ist schlecht!
Lieber Hubertus Heil,
dass sich die Rentnerinnen und Rentner im Juli über mindestens 5,35 Prozent mehr Rente freuen dürfen, ist bei diesem Gegenwind der FDP wirklich eine große Leistung. Chapeau.
Aber: Nach Ihrem Gesetzentwurf wird die Rentenanpassung 2023 in der heißen Inflationsphase von ursprünglich 5,4 auf 2,9 Prozent gekürzt werden und damit die Kaufkraft der Renten inmitten einer Energiepreiskrise auch im kommenden Jahr entwerten.
Das darf nicht passieren.
Darum wird DIE LINKE einen Änderungsantrag für ein lebensstandardsicherndes Mindestrentenniveau von 53 Prozent vorlegen.
Und dann können wir auch gerne über den Nachholfaktor sprechen.
Aber erst muss endlich wieder gelten:
Die Rente folgt den Löhnen und sichert im Alter den erarbeiteten Lebensstandard.
So lange, wie das nicht verwirklicht ist, muss der Nachholfaktor ausgesetzt bleiben!
Meine Damen und Herren,
die aktuell ausgezahlte Durchschnittsrente aller 21,2 Millionen Rentnerinnen und Rentner liegt nur bei 1089 Euro.
Vor Steuern.
Das heißt: Die Rentnerinnen und Rentner brauchen jeden Cent, denn die Rente muss zum Leben reichen!
Und darum fordere ich Sie auf: Bessern Sie Ihren Gesetzentwurf nach!
Ich danke Ihnen.
Hier können Sie die Debatte in voller Länge ansehen:
Deutscher Bundestag - Bundestag debattiert über Rentenanpassung
Hier dokumentiert das BMAS den Gesetzentwurf / FAQs und Stellungnahmen der Verbände:
Aktueller denn je: Ausführliches Interview im „Versicherungsboten“ zu allen wichtigen Fragen rund um die gesetzliche und die private Rente
Bundestagsrede in der Orientierungsdebatte am 26. Januar 2022