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Matthias W. Birkwald

Die Energiepreispauschale für Rentnerinnen und Rentner kommt zu spät und ist viel zu niedrig.

Bundestagsrede am 13. 10. 2022 zum Entwurf eines Gesetzes zur Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende und zur Erweiterung des Übergangsbereichs (Drucksache 20/203938)

13.10.2022
Die Energiepreispauschale für Rentnerinnen und Rentner kommt zu spät und ist viel zu niedrig!

Matthias W. Birkwald (DIE LINKE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Minister Hubertus Heil! Ich hoffe, wir sind uns einig: Niemand soll Angst haben müssen, im Winter im Kalten oder im Dunkeln zu sitzen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Leider ist die Realität eine andere. Derzeit müssen beispielsweise 7,7 Millionen Altersrentnerinnen und Altersrentner von weniger als 1 250 Euro netto Gesamteinkommen im Monat leben. Das sind 44 Prozent, die aktuell unter der EU-Armutsschwelle liegen. Werte Kolleginnen und Kollegen der Ampel, bekämpfen Sie endlich wirksam die Altersarmut!

(Beifall bei der LINKEN)

Derzeit explodieren die Lebensmittelpreise, und die Energiepreise gehen durch die Decke. Und was tun Sie für diese älteren Menschen, die viel zu wenig Geld im Portemonnaie haben? Ab Januar 2023 sollen die Allerärmsten gerade einmal 53 Euro mehr Grundsicherung im Alter - also Rentner-Hartz-IV - erhalten. Das reicht vorne und hinten nicht. Und die 290 000 Rentnerhaushalte, die Wohngeld beziehen, erhalten einen Heizkostenzuschuss von 415 Euro, einmalig. Und ebenfalls einmalig wird es im Dezember 2022 für alle Rentnerinnen und Rentner endlich eine Energiepreispauschale von 300 Euro geben, die meistens automatisch überwiesen werden wird. Das ist gut so. Jeder Euro hilft. Das hatten wir Linken schon im Sommer gefordert.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber: Das kommt alles viel zu spät. Das hat alles mit den realen Kostensteigerungen nichts zu tun, und es ist willkürlich. Statt 53 Euro mehr müssten es mindestens 200 Euro mehr sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Koalition, so geht es nicht. Es geht auch anders: In Österreich erhalten männliche Rentner schon heute eine um 1 166 Euro höhere Durchschnittsrente als hiesige Rentner. Und Rentnerinnen bekommen immerhin 353 Euro mehr, jeden Monat. Und dort, in Österreich, wird die Inflation per Gesetz komplett ausgeglichen, und oft gibt es noch etwas obendrauf. In Österreich wird die Rente im kommenden Jahr für hohe Renten um 5,8 Prozent angehoben. Für mittlere Renten gibt es 8,5 Prozent mehr, und die Mindestrente wird sogar um 10 Prozent erhöht werden. - Liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, nehmen Sie sich ein Beispiel an Österreich!

(Beifall bei der LINKEN)

Auch hierzulande ist es Zeit für eine außerordentliche, einmalige Rentenerhöhung um 10 Prozent. Dann wäre das Rentenniveau endlich wieder bei lebensstandardsichernden 53 Prozent. Das würde Beschäftigte mit einem Durchschnittslohn von 3 242 Euro und ihre Chefs jeweils gerade einmal knapp 36 Euro mehr an Rentenbeitrag kosten. Außerdem, meine Damen und Herren, brauchen wir jetzt eine Gas- und Strompreisbremse; denn sonst werden alle Ihre Einmalzahlungen und Rentenerhöhungen gnadenlos verpuffen.

Damit niemand im Winter frieren muss, brauchen wir die Umverteilung von oben nach unten. Darum fordere ich Sie auf: Beteiligen Sie endlich die Superreichen und die Krisenprofiteure und -profiteurinnen an den Kosten.

Ich danke Ihnen.

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Zum Hintergrund: Die DRV erläutert auf ihrer Homepage die genauen Modalitäten der Energiepreispauschale.

Die vollständige Debatte, den Gesetzentwurf und die Positionen zur Sachverständigen-Anhörung am 17. Oktober 2022 finden Sie hier:

Deutscher Bundestag - Entwurf für Energiepreispauschale für Rentner beraten.