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Matthias W. Birkwald

Linker Wirtschaftspolitiker Axel Troost überraschend verstorben

Abschied von einem geschätzten und hoch kompetenten früheren Kollegen

09.01.2023
Axel Troost (Die Linke), MdB

Leider ist die Liste geschätzter Kolleginnen und Parteifreunde, von denen ich Abschied nehmen musste, am vergangenen Freitag, dem 6. Januar 2023, um einen wichtigen Namen gewachsen: Dr. Axel Troost ist nach kurzer und schwerer Krankheit verstorben. Er hinterlässt Frau, zwei Kinder und mehrere Enkelkinder. Die zahlreichen kursierenden Nachrufe, Beileidsbekundungen und Würdigungen im Internet, in der Presse und in sozialen Medien vermitteln einen Eindruck davon, welche Wertschätzung Axel als Fach- und Abgeordnetenkollege, als Ökonom, als Genosse und als Freund sehr zu Recht erfahren hat.

Ich lernte Axel Troost in den 1990er Jahren kennen, als ich in PDS, einer der Vorläuferparteien der LINKEN, bereits sozialpolitisch aktiv war. Als ich in den 1980ern Jahren in Bremen studierte, war er dort bereits Geschäftsführer der sogenannten Memorandum-Gruppe, die sich in einem dafür sehr unwirtlichen Umfeld in Wissenschaft und Politik für eine linkskeynesianische Politik engagierte. Diese Ausrichtung teilten wir ebenso wie die Orientierung auf die Gewerkschaften und die Lohnabhängigen und auf einen Öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS) zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit. Später begegneten wir uns in jeweils neuer Funktion in Berlin, nachdem Axel Troost Mitbegründer der anderen LINKE-Quellpartei, der WASG und Bundestagsabgeordneter geworden war. Axel war ein fachlich hochkompetenter Kollege, der sich im Bundestag ein breites Ansehen über die Fraktionsgrenzen hinweg erwarb. Obwohl er an überraschend niedrige Raum- und Außentemperaturen gewöhnt war, erwies er sich als sehr warmherziger und freundlicher Kollege.

Es war Axel vergönnt, zu erleben, dass viele seiner Positionen nach und nach Wirklichkeit wurden, für die er lange gegen einen stark neoklassisch und wirtschaftsliberal gefärbten Mainstream gestritten hatte: Die Bundesrepublik bewältigte die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008-09 mit Hilfe von Konjunkturprogrammen; ein gesetzlicher Mindestlohn wurde eingeführt; die Finanzmärkte wurden zumindest in Teilen re-reguliert; die Schuldenbremse, gegen die er vorzüglich und leidenschaftlich argumentieren konnte, wurde immer mehr aufgeweicht und schließlich wurde während der Pandemie sogar die EU ermächtigt, für den Corona-Aufbaufonds Kredite aufzunehmen, ähnlich wie er es lange gefordert hatte. Axel Troost hat stets auf hohem wissenschaftlichem Niveau und zugleich mit schier unerschöpflichem politischen Antrieb für eine fortschrittliche und solidarische Politik gestritten. Bei ihm konnte man schon früh Vieles nachlesen, was lange umstritten war und heute aber als Gemeinplatz gilt. Es gelang ihm, weit über die eigene Partei hinaus respektiert zu werden und zugleich innerparteilich konstruktiv zu wirken.


Wir verloren Axel Troost viel zu früh.
Mögen seine freundliche und verbindliche Art und sein kompetentes und engagiertes Wirken vielen Menschen Vorbild und Ansporn sein.