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Matthias W. Birkwald

Doppelbesteuerung der Renten verhindern

Rede im Plenum des Deutschen Bundestags zum Wachstumschancengesetz am 13.10.2023

13.10.2023
Doppelbesteuerung der Renten endlich vollständig verhindern!

An dieser Stelle dokumentieren wir die Rede von Matthias W. Birkwald zum Wachstumschancengesetz der Ampel-Koalition.

Matthias W. Birkwald (DIE LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Hessel! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampelkoalition, Ihr Wachstumschancengesetz ist ein Sammelsurium, mit dem Sie 22 Gesetze und Verordnungen auf einmal ändern wollen, die oft nichts miteinander zu tun haben. Das ist hier nicht seriös zu debattieren, und darum lehnen wir Linken solche Omnibusgesetze generell ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich konzentriere mich auf ein Thema, das Millionen Rentnerinnen und Rentner betrifft: die Abschaffung der Doppelbesteuerung der Renten. Liebe Koalition, in Ihrem sogenannten Wachstumschancengesetz bemühen Sie sich um eine Lösung der ungerechten Doppelbesteuerung der Renten. Gut so!

Dabei ist es noch gar nicht so lange her, da waren Grüne, Union und SPD noch Doppelbesteuerungsleugner. Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, haben uns Linke jahrelang verhöhnt, als wir auf dieses Problem aufmerksam gemacht haben. Der Bundesfinanzhof hat dem Spuk im Mai 2021 ein Ende gemacht und die Sicht der Linksfraktion bestätigt. Auch das ist gut so.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Problem der Doppelbesteuerung der Renten wird von Jahr zu Jahr größer. Worum geht es? Zu einer Doppelbesteuerung der Renten kommt es, wenn der steuerfreie Teil der Rente kleiner ist als die versteuerten Rentenversicherungsbeiträge des Arbeitslebens. Das ist eine Folge der sogenannten nachgelagerten Rentenbesteuerung, die ja im Jahr 2005 aufgrund eines Verfassungsgerichtsurteils eingeführt wurde. Das ist eigentlich eine gute Sache; denn grundsätzlich ist die nachgelagerte Besteuerung, also die Besteuerung der Renten statt der Beiträge, über ein ganzes Leben gesehen günstiger.

(Frauke Heiligenstadt (SPD): Richtig!)

Wenn man die Erwerbsphase und die Rentenphase gemeinsam betrachtet, sind so insgesamt weniger Steuern zu zahlen.

Im Arbeitsleben sind Lohn und Gehalt der meisten Menschen höher als ihre spätere Rente, sodass auch die Steuern auf die Rentenbeiträge früher höher waren, als wenn die niedrigeren Renten versteuert worden wären.

(Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn die Renten und nicht die Rentenbeiträge besteuert werden, zahlen jene Menschen, die länger leben, mehr Steuern als diejenigen, die früher sterben. Das ist sozial gerecht.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Früher waren die ausgezahlten Renten steuerfrei, aber die Beiträge an die Rentenversicherung wurden dafür voll besteuert. Die Rentenversicherungsbeiträge sind seit dem 1. Januar nun steuerfrei. Das, werte Koalition, haben Sie gut gemacht.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die nachgelagerte Besteuerung darf aber keinesfalls zur Doppelbesteuerung führen, also dazu, dass sowohl Beiträge als auch Renten besteuert werden. Das wird in Zukunft aber leider häufiger der Fall sein. Die Doppelbesteuerung der Renten ist nicht nur ungerecht, sie ist auch verfassungswidrig. Darum, meine Damen und Herren, muss die Doppelbesteuerung der Renten vollständig abgeschafft werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Ehrlich gesagt: Ihre Vorschläge dazu lösen das Problem der Doppelbesteuerung der Renten nicht. Frau Staatssekretärin, Sie geben ja selber zu, dass die Lösungsvorschläge in Ihrem Gesetzentwurf das Problem noch nicht beseitigen werden und dass es weiterer Lösungsansätze bedarf. Im Klartext, meine Damen und Herren: Das war wohl nichts!

(Beifall bei der LINKEN)

Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisiert Ihr Gesetz deutlich. Der DGB hat berechnet, dass Ihr Gesetz die Doppelbesteuerung in den nächsten Jahren nicht vermeiden wird; so die Stellungnahme vom 25. Juli. Zudem: Den Rentnerinnen und Rentnern, die sowieso schon jeden Cent ihrer Rente zweimal umdrehen müssen, bringt Ihr Entwurf wirklich nichts. Ich finde, das geht gar nicht!

(Beifall bei der LINKEN)

Wir Linken fordern: Heben Sie erstens sofort den Grundfreibetrag von 10 908 Euro auf 14 400 Euro jährlich an, und stellen Sie so kleine und mittlere Renten komplett steuerfrei.

(Beifall bei der LINKEN)

Schaffen Sie zweitens die Doppelbesteuerung ab, indem Sie die Stufen bis zur vollständigen nachgelagerten Rentenbesteuerung von 2040 bis 2070 und nicht nur bis zum Jahr 2058 verlängern. Millionen Rentnerinnen und Rentner würden es Ihnen danken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)