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Matthias W. Birkwald

Böckler-Stiftung widerlegt „Mär vom aufgeblähten Sozialstaat“

Gewerkschaftsnahes Institut: In Deutschland wachsen weder Sozialausgaben, noch öffentliche Beschäftigung, noch staatliche Arbeitnehmerentgelte besonders stark

31.07.2024

Immer wieder wird in der veröffentlichten Meinung vorgetragen, die Sozialausgaben seien in Deutschland zu hoch, ihr Anstieg müsse gestoppt oder gar umgekehrt werden. Auch vernimmt man häufiger die Position, der Staat sei in Deutschland aufgebläht. Jüngst etwa beklagte Bundesfinanzminister Christian Lindner, der „dynamische Anstieg der Sozialausgaben“ sei „langfristig nicht aufrechtzuerhalten“

Doch ein Blick auf die Daten zeigt eine gänzlich andere Lage. Dies zeigt dankenswerterweise eine Untersuchung des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) bei der gewerkschaftsnahen Hans Böckler-Stiftung. Diese finden Sie gut lesbar im Böckler-Impuls zusammengefasst (bitte klicken).

Die Studie stellt klar: 

  • von den 27 Ländern der Industriestaatenorganisation OECD, liegt Deutschland mit einem Zuwachs der Sozialausgaben von insgesamt 26 Prozent auf dem drittletzten Platz, ist also eines der Länder mit dem geringsten Wachstum.
  • Aktuell liegt die Bundesrepublik beim Anteil staatlicher Sozialausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit 26,7 Prozent auf Rang sieben von 18 reichen OECD-Ländern in Westeuropa und Nordamerika. 
  • Betrachtet man öffentliche (d.h. gesetzlich vorgeschriebene) und freiwillige Sozialausgaben zusammen, so liegen die Vereinigten Staaten und die Niederlande mit Gesamtquoten von je 30,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sogar geringfügig vor Deutschland mit 30,4 Prozent. Die Schweiz kommt auf 28,6 Prozent. 
  • Die Staatsquote (Verhältnis zwischen den gesamten staatlichen Ausgaben einschließlich der Sozialausgaben und dem Bruttoinlandsprodukt) liegt in Deutschland mit 48,2 Prozent sogar geringfügig unter dem EU-Durchschnitt von 48,9 Prozent. 
  • Die Quote öffentlicher Beschäftigung an der Gesamtbeschäftigung liegt in der Bundesrepublik mit 10,6 Prozent mehr als sieben Prozentpunkte unter dem OECD-Durchschnitt.
  • Die Anteil der staatlichen Arbeitnehmerentgelte am Bruttoinlandsprodukt liegt seit über einem Jahrzehnt stabil bei um die acht Prozent.