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Matthias W. Birkwald

Analyse zeigt: „Keine faktische Grundlage für Diskussion um Anhebung des Renteneintrittsalters“

„Aufschub des Rentenbeginns war größer als der Zuwachs an Lebenserwartung“. Matthias W. Birkwald MdB im 'Merkur': „Vorschläge der Jungen Union führen in die Irre“

04.11.2024

Aus der Politik mehren sich die Forderungen nach einer Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters. Zuletzt hatte sich die Junge Union bei ihrem „Deutschlandtag“ genannten Bundeskongress mit dieser Forderung hervorgetan. „Im Grundsatzprogramm der CDU ist festgehalten, dass das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung geknüpft wird. Ich erwarte, dass sich diese Forderung auch im Wahlprogramm der CDU wiederfinden wird“, ließ sich der Junge Unions-Vorsitzende Johannes Winkel zitieren.

Wie nun im „Merkur“ berichtet wurde, fehlt dieser Forderung allerdings die fachliche und faktische Grundlage. Berichtet wird über eine Analyse Dr. Dagmar Pattlochs, Referentin im Forschungsdatenzentrum der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Berlin. Sie kommt zum Ergebnis: „Zwischen 2012 und 2022 zeigte sich ein merklicher Aufschub des Beginns von Altersrente um 1,0 Jahr bei Männern und um 1,4 Jahre bei Frauen. Die zu  erwartende Dauer von Altersrente verkürzte sich um 0,8 Jahre bei Männern und 1,3 Jahre bei Frauen. Die Anhebung der Regelaltersgrenze wirkt sich somit auf die Altersrente aus.“

Diese Studie habe ich zum Anlass genommen, die Bundesregierung nach den aktuellen Zahlen und der verwendeten Berechnungsmethode zu fragen. Bei dem Vergleich der Lebenserwartung und dem Alter bei Rentenbeginn zeigen sich zwischen den Jahren 2012 und 2022 kaum Veränderungen. Die Lebenserwartung ist in diesem Zeitraum kaum gestiegen, was durch die Pandemie-Jahre mit beeinflusst ist. Dennoch zeigen auch diese Zahlen, ebenso wie die Studie, dass für eine Diskussion über die Anhebung des Rentenalters aktuell keine faktische Grundlage besteht. Ich bin erfreut, dass die Bundesregierung sich mit der Studie von Dagmar Pattloch befassen will. 

Der „Merkur“ zitiert mich weiter: „Birkwald kritisiert angesichts dieser Erkenntnisse vor allem die Nachwuchsorganisation der CDU und CSU: 'Statt – wie die Junge Union – fälschlicherweise wieder lautstark eine Anhebung des Renteneintrittsalters zu fordern, sollten wir also erst einmal genau untersuchen, wozu die bisherige Anhebung des Renteneintrittsalters geführt hat', so der Linken-Politiker. 'Die Junge Union scheint darüber hinaus zu vergessen, dass diese Anhebung hauptsächlich die kommenden Generationen, nicht aber die bald schon in den Ruhestand eintretenden Babyboomer treffen werden wird. Wer selbst Politik gegen seine eigenen Interessen macht, der hat wirklich gar nichts verstanden.'“