Vor zehn Jahren verkündete der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) mit der Agenda 2010 den bislang tiefsten Einschnitt in das bundesdeutsche Sozialmodell. Was Gerhard Schröder vor zehn Jahren als »gewaltige gemeinsame Anstrengung« ankündigte, entpuppte sich als Gesetzes- und Maßnahmepaket, das Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Rentnerinnen und Rentner sowie Erwerbslosen gewaltige Opfer in Form von Reallohnverlusten, einer Serie von Rentennullrunden, Leistungskürzungen und einem Verlust an sozialer Sicherheit in vielen Lebenslagen abverlangte. Die Einschnitte betrafen alle großen Zweige der sozialen Sicherung. Die Kürzung der Arbeitslosengeld-Bezugsdauer, die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zugunsten des neuen Arbeitslosengelds II auf Sozialhilfeniveau, die Verschärfung der Zumutbarkeitskriterieren inklusive der Androhung existenzgefährdender Sanktionen und nicht zuletzt die mit den Hartz-Reformen verbundenen Deregulierungen des Arbeitsmarkts verschlechterten gleichermaßen die soziale Situation von Erwerbslosen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Die mit dem sogenannten »Nachhaltigkeitsfaktor« verbundene schrittweise Senkung des Rentenniveaus um rund 20 Prozent organisierte im Bereich der Alterssicherung eine sozialpolitische Katastrophe. Der Abschied von der paritätischen Finanzierung nicht nur bei der Rente, sondern auch bei der Krankenversicherung durch den Ausbau von Zuzahlungen, Rationierungen und Eigenanteilen beschleunigte die Entwicklung zu einer Zwei-Klassen-Medizin.
Die Agenda 2010 wurde in der ersten Hälfte des letzten Jahrzehnts von einer Koalition aller damaligen Bundestagsfraktionen verabschiedet. Es gab im Bundestag keine soziale Opposition. Das ist heute anders. Genau ein Jahr nach Verkündung der Agenda 2010 nahmen Gewerkschafterinnnen und Gewerkschafter sowie linke Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten Anlauf zur Gründung der Wahlalternative »Arbeit und Soziale Gerechtigkeit« (WASG). Weitere anderthalb Jahre später zogen Linkspartei.PDS und WASG erstmals gemeinsam in den Bundestag ein und machten sich auf den Weg zur Gründung einer gemeinsamen Partei DIE LINKE. Heute, zehn Jahre nach Verkündung der Agenda 2010, sagen wir als einzige Bundestagspartei: Die Agenda 2010 ist gemessen an ihren Zielen gescheitert, und sie hatte verheerende Folgen für Arbeitsmarkt und Sozialstaat, sie hat gleichermaßen massenhafte Armut und riesenhafte Reichtümer in den Händen weniger produziert. Heute ziehen wir Bilanz einer gescheiterten Politik und stellen die Bausteine einer neuen Agenda für soziale Gerechtigkeit vor.
Das Handout der LINKEN als PDF-Download:
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Bundestagsrede in der Orientierungsdebatte am 26. Januar 2022