Zu Protokoll gegebene Rede von Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) TOP 52
zu dem Antrag der SPD Bundestagsfraktion „Den demographischen Wandel bei den Aufwendungen für Leistungen zur Teilhabe in der gesetzlichen Rentenversicherung besser berücksichtigen “
BT-Drs. 17/8602
Sehr geehrte/r Frau Präsidentin/Herr Präsident!
Meine Damen und Herren!
Es ist gut, dass sich inzwischen alle Fraktionen einig sind, dass das Reha-Budget der gesetzlichen Rentenversicherung angehoben werden muss.
Das reicht aber nicht aus. Warum?
Nun, es ist richtig, dass der notwendige Rehabilitationsbedarf nach der geltenden Rechtslage in den kommenden Jahren nur mit einer Budgeterweiterung finanziert werden kann.
Bereits in den vergangenen Jahren ist das Reha-Budget nämlich mehrfach an seine Grenze gelangt und wir wissen:
Das Problem wird sich aber weiter verschärfen.
Inzwischen kommen die geburtenstarken Jahrgänge ins Reha-intensive Alter und das macht sich bemerkbar.
Rentenversicherung, Gewerkschaften, Oppositionsfraktionen und verspätet auch Bundesozialministerin von der Leyen haben in Form der Referentenentwürfe zur Zuschussrente Vorschläge vorgelegt, wie das Reha-Budget angehoben werden kann.
Die SPD hat dies in Form des vorliegenden Antrags sowie eines Änderungsantrags zum Bundesunfallkassenneuordnungsgesetz getan.
Es wird von der SPD gefordert, den Vorschlag der Deutschen Rentenversicherung Bund aufzugreifen:
Neben der Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter sollen auch die demografische Entwicklung und die Verlängerung der Lebensarbeitszeit im Anpassungsmechanismus wirksam werden.
Die SPD verlangt Vorschläge zur Frage, wie die Ermittlung des jährlichen Budgets entsprechend dem tatsächlichen Bedarf an Teilhabeleistungen gewährt werden kann.
Außerdem sollen die vorhandenen Präventionsleistungen weiterentwickelt werden.
Im Änderungsantrag zum BUK-NOG wird eine Demografie-Komponente für die Anpassung ab 2013 bis 2050 beziffert.
Es ist schon erstaunlich, dass sich die Bundesregierung, trotz der herrschenden Einigkeit, nicht dazu durchringen konnte, den Reha-Deckel anzuheben.
Das gehört wohl auch zum rentenpolitischen Armutszeugnis dieser Bundesregierung.
Wir LINKEN sagen:
Das Reha-Budget muss sich am tatsächlichen Bedarf ausrichten. Menschen, die eine Reha-Maßnahme brauchen, sollen diese auch bekommen.
Das bedeutet: Der Reha-Deckel gehört abgeschafft.
So sieht das übrigens auch die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium Ulrike Flach von der FDP. Der Schwarzwälder-Bote zitiert die Kollegin mit den Worten: Der Reha-Deckel muss weg.
Es ist doch sehr interessant, dass in direkten Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern von Kliniken, so klar formuliert wird, was auf der Hand liegt.
Auch der Kollege Sascha Raabe von der SPD-Fraktion versprach noch im vergangenen Jahr dem Vertreter der Median-Klinikgruppe, sich weiter für die vollständige Abschaffung des Reha-Deckels stark zu machen. Das ist ihm in der eigenen Fraktion offenbar ebenso wenig gelungen, wie Frau Flach von der FDP bzw. der Koalition.
DIE LINKE hat dazu schon im Januar 2012 einen Antrag eingebracht und auch die Grünen haben unserem Antrag zugestimmt.
Die SPD hat sich damals trotz des Appells des Kollegen Dr. Raabe nur enthalten.
In diesem Antrag nun verlangt die SPD in ihrer 2. Forderung nach Vorschlägen zur Ausrichtung der Reha am tatsächlichen Bedarf.
Warum wird nicht konsequent in diese Richtung gearbeitet, frage ich.
Wir können auch nicht akzeptieren, dass die SPD weiter an der Erhöhung der Regelaltersgrenze und der scheinbaren Verlängerung der Lebensarbeitszeit festhält.
Die Rente erst ab 67 muss rückgängig gemacht werden, weil sie zu noch mehr Kürzungen und damit zu noch mehr Altersarmut führt.
Hier wird auf das falsche Pferd gesetzt.
Eine Korrektur des Reha-Deckels um eine Demografie-Komponente, wie sie hier vorgeschlagen wird, greift in jedem Fall zu kurz.
Wenn wir sagen „Reha vor Rente“ dann müssen wir das auch so meinen und mehr für die Versicherten tun.
Wir bleiben bei unserer Forderung: Reha am Bedarf ausrichten!
Vielen Dank!
Aktueller denn je: Ausführliches Interview im „Versicherungsboten“ zu allen wichtigen Fragen rund um die gesetzliche und die private Rente
Bundestagsrede in der Orientierungsdebatte am 26. Januar 2022