Alleinstehende Männer haben im Rentenalter ein hohes Armutsrisiko. Dies belegt die Bundesregierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der LINKEN zum Thema Alterseinkommen und Altersarmut. Das untere Fünftel der über 65-jährigen alleinstehenden Männer hat in Deutschland im Schnitt nur 715 Euro aus Alterssicherungsleistungen und insgesamt ein Nettoeinkommen von durchschnittlich nur 722 Euro. Sie schrammen damit an der durchschnittlichen Grundsicherungsschwelle von 707 Euro (Regelsatz durchschnittliche Wohnkosten) entlang und je nach Höhe der Mietbelastung werden sie zu Sozialfällen. Alleinstehende Frauen des unteren Einkommensbereichs liegen sogar unter dieser Marke (665 Euro an Einkommen aus Alterssicherungseinkommen, 657 Euro Nettoeinkommen aus allen Einkommensarten)!
Bei den unteren 60% der männlichen Einkommensbeziehern liegen zudem keine signifikanten Altersbezüge aus einer privaten oder betrieblichen Altersvorsorge vor und auch kaum sonstige Einnahmen. Besonders krass ist dies in den neuen Bundesländern, wo jedoch die Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung etwas höher sind als im Westen. Dies trifft auch auf Frauen zu, allerdings ist hier der Abstand in den gesetzlichen Rentenbezügen zwischen Ost und West deutlich höher, da die Frauen in den neuen Bundesländern weitaus mehr erwerbstätig waren als im Westen.
„Wenn die Bundesregierung das Rentenniveau weiter sinken lässt und einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn verweigert, wird sich das Problem der Altersarmut noch deutlich verschärfen“, so der rentenpolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Matthias W. Birkwald.
Die Angaben der Bundesregierung über die Alterseinkommen sind besorgniserregend. Umso nötiger wären tiefere Einblicke in die Einkommensverteilung. Zum Median – dem gegenüber dem Durchschnitt deutlich aussagekräftigeren Maß der Einkommensverteilung – liegen jedoch für die Alterseinkommen überhaupt keine Daten vor (Antwort 5 8). Auch den Gini-Koeffizienten – ein gängiges Ungleichheitsmaß – für die Gruppe der über 65-Jährigen kennt die Bundesregierung nicht (Antwort 9). Trotzdem sieht sie „keine Notwendigkeit, die Datenlage hinsichtlich der Verteilung der Alterseinkommen zu verbessern“ (Antwort 11).
„Insgesamt ist die Datenlage der Bundesregierung so löchrig wie ein Schweizer Käse“, so Birkwald. „Das ist fahrlässig. Wir wissen aus Dunkelziffer-Studien, dass die Zahl der Menschen, die Anspruch auf Grundsicherung im Alter hätten, viel höher liegt, als die Anzahl der sie zur Zeit Beziehenden.“
Nicht 436.000, sondern 1,1 bis 1,4 Millionen sind tatsächlich grundsicherungsberechtigt (eigene Berechnungen auf Basis der Nichtinanspruchnahmequoten der Dunkelziffer-Studie von Irene Becker: Finanzielle Mindestsicherung und Bedürftigkeit im Alter. In: Zeitschrift für Sozialreform 2/2012, S. 139). Auch die Armutsrisikoquote der über 65-Jährigen von 14 Prozent (Antwort auf Frage 6) zeigt, dass es bereits jetzt ein massives Problem mit der Altersarmut gibt.
Die Bundesregierung beschönigt den Ernst der Lage immer wieder, indem sie auf das durchschnittliche Einkommen von über 65-Jährigen verweist, das für Ehepaare bei 2.500 Euro liegt. Die Durchschnittswerte sagen aber nichts darüber aus, wie es den „kleinen Leuten“ geht. Durchschnittswerte werden durch hohe Alterseinkommen nach oben verzerrt. „Wenn man eine Hand auf eine heiße Herdplatte legt und die Füße in Eiswasser stellt, wird einem auch nicht schön warm. Man verbrennt sich die Hand und die Füße erfrieren“, erläutert Birkwald das Problem.
(Die ausführliche Antwort der Bundesregierung ist in der downloadbaren PDF enthalten.)
Aktueller denn je: Ausführliches Interview im „Versicherungsboten“ zu allen wichtigen Fragen rund um die gesetzliche und die private Rente
Bundestagsrede in der Orientierungsdebatte am 26. Januar 2022