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Matthias W. Birkwald

Raus aus dem Renten-Nirvana!

15.10.2013
Matthias W. Birkwald, Sahra Wagenknecht

Das Vertrauen in die Rente schwindet, die Furcht vor Altersarmut wächst. Inzwischen gehen 42 Prozent der Beschäftigten in Deutschland davon aus, dass ihre gesetzliche Rente nicht zum Leben reichen wird. Tendenz steigend. Vor einem Jahr glaubten das nur 38 Prozent. Nur 18 Prozent hingegen erwarten, dass sie von ihrer Rente gut oder sehr gut leben können. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).

"Wenn sich nichts ändert, werden künftig Millionen Menschen nicht von ihren Renten leben können", kommentiert Matthias W. Birkwald die DGB-Umfrage. "81 Prozent der Beschäftigten glauben, dass ihre Rente nicht oder nur so gerade zum Leben reichen wird." In die gleiche Kerbe schlägt Sahra Wagenknecht: "Die Bevölkerung hat im Unterschied zur großen Koalition das drohende Rentenfiasko erkannt." Deutschland stehe vor dem "Renten-Gau". Und Matthias W. Birkwald konstatiert: "Die Rentenpolitik von Rot-Grün, Schwarz-Rot und Schwarz-Gelb ist ein Trümmerhaufen. Die private Altersvorsorge ist gescheitert."

"Chefsache in der Opposition"

DIE LINKE warnt seit Jahren vor den Folgen der fortgesetzten Absenkung des Rentenniveaus für die Alterssicherung von Millionen Menschen. Das Thema Rente werde zur "Chefsache in der Opposition" gemacht, kündigt Sahra Wagenknecht an. Ziele seien die Wiederherstellung der Rente ab 65 und die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 53 Prozent – wie vor der Rentenreform der Regierung Schröder.

Gegenwärtig sinkt das Rentenniveau jedoch weiter ungebremst. Betrug das Netto-Rentenniveau zu Beginn des Jahres 2000 vor der Rentenreform der Regierung Schröder noch 52,9 Prozent, sank es bis 2011 auf 50,4 Prozent. Bis 2025 fällt es nach Berechnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales aus dem Jahr 2011 weiter auf nur noch 46,2 Prozent. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen die Beschäftigen den Verlust durch betriebliche (zweite Alterssicherungssäule) oder private (dritte Säule) Vorsorge auffangen.

Doch um betriebliche und private Altersvorsorge steht es nicht gut. Die DGB-Studie zeigt, dass es mit einer Ausnahme in allen Branchen mäßig bis schlecht um betriebliche Vorsorgemöglichkeiten bestellt ist. 37 Prozent der Beschäftigten, deren gesetzliche Rente nicht zum Leben reichen wird, erhalten keine Angebote für eine betriebliche Altersvorsorge.

Bei der dritten Säule, der privaten Vorsorge, ist das Bild nicht besser. Riester-Renten bleiben weit hinter der Erwartung zurück und können den Verfall der gesetzlichen Rente nicht aufwiegen – sofern denn Beschäftigte überhaupt über die finanziellen Möglichkeiten zur Vorsorge besitzen. "Die Riester-Rente war ein Geschäft für die Versicherungsindustrie", sagt Sahra Wagenknecht. "Und eine millionenfache Enteignung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern."

Alternativen zur herrschenden Verarmungspolitik

Die niedrigen Zinsen infolge der Bankenrettungspolitik verschärfen die Entwicklung. Sie sorgen dafür, dass die Bereitschaft sinkt, privat für das Alter vorzusorgen. Laut einer repräsentativen Umfrage des Allensbach-Instituts im Auftrag der Postbank will die Hälfte aller Berufstätigen die private Altersvorsorge nicht weiter verstärken. Das ist der höchste Wert der bei der zum zehnten Mal durchgeführten Erhebung gemessen wurde.

"Die Haltung und die Lebenswirklichkeit der Beschäftigten sind eindeutig", sagt Matthias W. Birkwald. "Es ist nicht genügend Geld zum Sparen da und die aktuellen Zinssätze degradieren die Banken zu Sparstrümpfen." Aber es gebe Alternativen zur herrschenden Verarmungspolitik von weiten Teilen der Beschäftigten. Der Riester-Flop müsse schnell rückgängig gemacht werden. Die bisher geleisteten Beiträge sollten in die gesetzliche Rentenversicherung überführt werden können. "Dort werden sie gebraucht, um die Rente erst ab 67 abzuschaffen, die Abschläge bei den Erwerbsminderungsrenten zu streichen und das Rentenniveau anzuheben", so Birkwald. Die Deckelung der Beitragssätze gehöre abgeschafft, da sie nur den Unternehmen und der Versicherungswirtschaft nutze. DIE LINKE will die Beitragssätze moderat anheben und die Arbeitgeber wieder zur Hälfte an der Finanzierung der Alterssicherung beteiligen.

"In den vergangenen vier Jahren geschah rentenpolitisch nichts. Nur Ankündigungen“, meint Matthias W. Birkwald. Und sagt voraus: "Diese Wahlperiode wird spannend. Ich bin im Kampfmodus."

Erschienen auf: linksfraktion.de/nachrichten/raus-renten-nirvana/, 15. Oktober 2013