Gemeinsam mit rund 200 Menschen habe ich am Samstag, dem 18. Januar in der Kölner Fußgängerzone die Forderung der Beschäftigten nach einem Mindestlohn von 160 € in der Textilindustrie Kambodschas unterstützt und die solidarischen Grüße der LINKEN übermittelt. Vor der Filiale der Textilkette H&M, die zu den großen Abnehmerinnen der kambodschanischen Textilindustrie zählt, richtete sich unser Protest auch gegen die Polizeigewalt gegenüber den Streikenden. Tief beeindruckt hat mich das zum Ende der Kundgebung von einem kambodschanischen Mönch zelebrierte Gedenken für die fünf Streikenden, die am 3. Januar in der Hauptstadt Phnom Penh von der Militärpolizei erschossen worden waren.
Die Unteilbarkeit der Menschenrechte und den Zusammenhang zwischen Hungerlöhnen in Kambodscha und unserem Konsumverhalten sind die Leitgedanken meines Redebeitrages auf der Kundgebung:
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Liebe Kölnerinnen und Kölner, liebe Freundinnen und Freunde,
es gibt Rechte, die für alle Menschen und überall auf der Welt gelten müssen, in New York, Sydney oder Köln, genauso wie in Moskau, Kairo oder Phnom Penh:
Die Menschenrechte, das Recht auf eine menschenwürdige Existenz,
das Recht auf einen menschenwürdigen Lohn und auch das Recht auf freie gewerkschaftliche Rechte müssen für alle Menschen gelten. Sie sind unteilbar! Deshalb unterstütze ich als Kölner Bundestagsabgeordneter die heutige Kundgebung von ganzem Herzen.
Und ich übermittele Ihnen und Euch mit den besten Wünschen für die Kundgebung die solidarischen Grüße der Kölner LINKEN und der LINKEN in Nordrhein-Westfalen!
Und ich sage deutlich und ohne Wenn und Aber:
DIE LINKE erklärt sich solidarisch mit den Arbeiterinnen und Arbeiterinnen der Textilindustrie und der gesamten Demokratiebewegung in Kambodscha! Ihre Forderungen sind mehr als berechtigt.
Warum haben wir uns heute hier versammelt?
Am 3. Januar schoss die Militärpolizei in Phnom Penh auf Textilarbeiterinnen und Textilarbeiterinnen. Mindestens fünf Menschen starben.
Fünf Tote! Was hatten Sie getan?
Sie hatten friedlich für ihre Forderung nach einem Mindestlohn von 160 US-Dollar im Monat demonstriert. Das sind gerade einmal 115 Euro!
Auf friedlich demonstrierende Menschen, auf streikende Arbeiter und Arbeiterinnen zu schießen, das, liebe Freundinnen und Freunde, ist und bleibt ein abscheuliches Verbrechen!
Die Textilarbeiterinnen hatten genug Gründe für ihre Demonstration. Rund eine halbe Million Menschen arbeiten in der Textilindustrie Kambodschas. Sie arbeiten für bekannte Firmen wie Adidas, Levis, GAP und H & M. Die sind die wichtigsten Abnehmerinnen der kambodschanischen Textilindustrie. Die Textilarbeiter schuften für sie zu unvorstellbar niedrigen Hungerlöhnen. Oft für weniger als 60 Euro im Monat!
Dabei ist die Textilindustrie mit Exporterlösen von rund fünf Milliarden US-Dollar die wichtigste Einnahmequelle Kambodschas, eines der ärmsten Länder Asiens.
Hier werden hunderttausende von Menschen erbarmungslos überausgebeutet. Und das muss ein Ende haben! Dringend!
Liebe Kundinnen und Kunden von H & M,
wenn Sie sich jetzt die Frage stellen: Was hat das alles mit mir zu tun? Was kann ich daran ändern?, dann antworte ich Ihnen mit zwei Zahlen:
Ganze acht Cent mehr pro T-Shirt oder ganze 40 Cent mehr für eine Jeans würden ausreichen, um den Arbeiterinnen und Arbeitern in Kambodscha einen menschwürdigen Lohn zu zahlen. Ich finde: 40 Cent – das sollten Würde und Menschenrechte jedem und jeder von uns wert sein!
Und deshalb wende ich mich heute ausdrücklich auch persönlich an Sie und Euch:
Sagen Sie den Verantwortlichen von H und M, dass Ihnen Menschenleben und Menschenrechte mehr wert sind, als die acht Cent, die Sie bei einem T-Shirt oder die 40 Cent, die Sie beim Kauf einer Jeans mehr bezahlen müssten.
Meine Damen und Herren,
mit diesen für uns kleinen Beträgen könnten die Forderungen der kambodschanischen Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter vollständig erfüllt werden.
Ich sage Ihnen: So günstig bekommen Sie soziale Gerechtigkeit so schnell nicht wieder.
Liebe kambodschanischen Freundinnen und Freunde,
Sie wissen das besser als ich: Das brutale Vorgehen der Regierung richtet sich nicht allein gegen die Streikenden. Es richtet sich auch gegen den Aufschwung der Demokratiebewegung, gegen die Bekämpfung der Korruption und gegen eine Regierung in Ihrem Land, die sich ohnehin nur durch Wahlbetrug an der Macht hält.
Nur einen Tag nach dem brutalen Vorgehen gegen die Streikenden wurden führende Vertreterinnen und Vertreter dieser demokratischen Bewegungen verhaftet. Auch ihnen gilt unsere Solidarität.
Ich fordere Premierminister Hun Sen auf: Lassen Sie sie frei, und zwar sofort! Hören Sie mit dem Schießen auf!
Herzlichen Dank!
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