Seit 2008 sind die JobCenter per Gesetz verpflichtet, HartzIV-Beziehende ab 63 in eine Zwangsrente mit horrenden Abschlägen abzuschieben, statt sie in Arbeit zu vermitteln.
Während die große Koalition mit der abschlagsfreien Rente nach 45 Beitragsjahren langjährig hart arbeitenden Menschen zu recht ermöglicht hat, vor der Regelaltersgrenze in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen, hält sie für am Automatismus der Enteignung der Lebensleistung von Langzeiterwerbslosen fest.
Wer am Ende eines harten Arbeitslebens aussortiert und als Ältere*r allem Gerede vom Fachkräftemangel zum Trotz keine Chance auf eine Einstellung mehr hat, wird mit lebenslangen Abschlägen von zur Zeit neun Prozent (Jg. 1952) in die Altersarmut geschickt. Wer das Pech hat, 1964 oder später geboren worden zu sein, bekommt dann ab 2027 die Rente um sage und schreibe 14,4 Prozent gekürzt. Das wären bei 900 Euro Rentenanspruch 130 Euro.
Mit dem Antrag ‚Abschaffung der Zwangsverrentung von SGB-II-Leistungsberechtigten‘ habe ich diese schreiende Ungerechtigkeit im Bundestag zur Sprache gebracht.
Und selten habe ich erlebt, dass sich die geladenen Experten so einig in der Unterstützung einer Forderung der LINKEN waren wie bei derExpertenanhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales dazu am 1. Dezember 2014:
Als ‚gravierenden Eingriff in Persönlichkeitsrechte“ lehnte der DGB diesen ‚Verschiebbahnhof‘ ab und die Caritas warf den JobCentern vor, sich damit „ihrer gesetzlichen Pflicht zur besonderen Förderung und Eingliederung älterer Arbeitnehmer zu entziehen.“ Blanker Zynismus dagegen von den Arbeitgebern: „Jeder Arbeitslose kann auch im Alter weiter arbeiten. Es besteht die Möglichkeit, sich bei der Arbeitsagentur arbeitssuchend zu melden und die Beratung und Vermittlung der Arbeitsagentur in Anspruch zu nehmen.“ Unglaublich
Ob sich die große Koalition dem massiven Druck von Gewerkschaften und Sozialverbänden beugt, ist noch nicht entschieden. Immerhin steht die Frage auf der Tagesordnung einer Arbeitsgruppe, die sich mit den Fragen des Rentenübergangs beschäftigt und bis zum Sommer Ergebnisse vorlegen wird.
So lange können die Betroffenen aber nicht warten, denn nach der Zwangsverrentung haben sie bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze von zurzeit 65 und 4 Monaten keinen Anspruch auf Grundsicherung im Alter. Reicht die gekürzte Rente nicht, müssen sie Hilfe zum Lebensunterhalt beantragen, und dann müssen im Notfall die Kinder den Lebensunterhalt sichern, und die Ersparnisse sind auch gleich weg.
Deshalb habe ich z.B. in Köln bei einer Veranstaltung mit der LINKEN Erwerbslosenorganisation LEO in meinem Wahlkreisbüro noch einmal ausdrücklich über die – zugegeben wenigen – rechtlichen Möglichkeiten hingewiesen, sich gegen eine Zwangsverrentung zu wehren. Eine nützliche Übersicht dazu findet Ihr unter www.erwerbslos.de.
Dass Gegenwehr sich lohnt, das zeigt auch ein Bericht über eine erfolgreiche Klage gegen eine Zwangsverrentung aus der aktuellen Ausgabe unsererFraktionszeitschrift Clara. Ein Flugblatt findet Ihr hier.
Aktueller denn je: Ausführliches Interview im „Versicherungsboten“ zu allen wichtigen Fragen rund um die gesetzliche und die private Rente
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