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Matthias W. Birkwald

Schlechte Finanzierung des neuen Rentenpaketes

16.01.2014

Rede von Matthias W. Birkwald, MdB in der Aktuellen Stunde (B90/DIE Grünen) „Finanzierung künftiger Kosten des geplanten Rentenpakets der Bundesregierung“ am Donnerstag, den 16.01.2014

Matthias W. Birkwald (DIE LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Worum geht es heute eigentlich? Die Renten für die vielen Mütter und die wenigen Väter, die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben, sollen verbessert werden. Das wollen Union und SPD systemwidrig aus den Beiträgen der gesetzlichen Rentenversicherung finanzieren. Außerdem: Eine Gleichstellung mit den Eltern, deren Kinder nach 1992 geboren wurden oder deren Kinder im Osten erzogen wurden, plant die Große Koalition leider nicht. Das ist schlecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber die geplanten Verbesserungen sind ein Schritt in die richtige Richtung. Immerhin! Dieser Schritt kostet 6,5 Milliarden Euro jährlich. CDU und CSU wollen jedoch um jeden Preis Steuererhöhungen für die Reichen verhindern. Deshalb will diese Große Koalition die Mütterrente aus Rentenversicherungsbeiträgen finanzieren - gegen jede Vernunft. Ich sage Ihnen: Das ist zutiefst ungerecht!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Warum ist das ungerecht? Es ist ungerecht, weil dann die Aldi-Kassiererinnen mit ihren Rentenbeiträgen die gut 28 Euro mehr Mütterrente im Westen bzw. die knapp 26 Euro mehr Mütterrente im Osten für Mütter von uns Bundestagsabgeordneten und von Rechtsanwaltsgattinnen finanzieren. Wir Abgeordnete müssen dafür nichts zahlen, keinen müden Cent. Da sage ich: Das ist sozial ungerecht. Das ist grottenfalsch und durch nichts zu rechtfertigen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch die Union sieht das Kuddelmuddel. Fraktionschef Volker Kauder sagte in der Bild-Zeitung - Zitat -:

Ab 2018 ist es dann notwendig und sinnvoll, die Mütterrente als gesamtgesellschaftliche Aufgabe mit zusätzlichen Steuergeldern zu finanzieren.

Ich kann nur sagen: CDU/CSU, Herr Kauder, SPD, machen Sie es doch gleich richtig.

Die Steuerfinanzierung ist schon heute sinnvoll und notwendig.

(Katja Mast (SPD): Das stimmt!)

Das sagt im Übrigen auch der Präsident der Deutschen Rentenversicherung Bund, Dr. Herbert Rische.

(Katja Mast (SPD): Auch die SPD!)

Er hält nämlich die Beitragsfinanzierung der Mütterrente gar für verfassungswidrig. Ich zitiere:

Nur eine Finanzierung aus Steuermitteln gewährleistet, dass alle an der Finanzierung beteiligt werden, auch diejenigen, die nicht gesetzlich rentenversichert sind, und auch die Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze. Schließlich kommen die Kindererziehungszeiten auch Personen zugute, die gar nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, sondern beispielsweise in einem Versorgungswerk. Eine Finanzierung aus Beitragsmitteln wäre deshalb verfassungswidrig, weil sie gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG verstieße.

Meine Damen und Herren von der Koalition, hören Sie auf den Präsidenten der Rentenversicherung. Er hat recht.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb muss die verbesserte Mütterrente aus Steuermitteln finanziert werden; denn Steuern zahlen auch gutverdienende Abgeordnete, Beamtinnen und Beamte, Ärztinnen und Apotheker, Architekten, Unternehmerinnen und Künstler.

Der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel und Sie, Frau Ministerin Nahles, haben den Aufruf „Vermögensteuer jetzt!“ unterzeichnet. Sehr gut! Eine Abgabe von 1 Prozent auf das Nettovermögen oberhalb von 1 Million Euro brächte jedes Jahr 20 Milliarden Euro in die Kasse des Finanzministers. 20 Milliarden Euro! Mit solch einer Vermögensteuer auf große Vermögen ließe sich zum Beispiel für alle Mütter oder Väter eine entsprechende Rente von 84 Euro monatlich finanzieren. Das wäre der richtige Weg!

(Beifall bei der LINKEN)

Aber das ist längst noch nicht alles. Wir LINKEN sagen: Erstens. In die Rentenversicherung müssen alle Menschen mit Erwerbseinkommen einzahlen, auch Beamtinnen und Beamte, Abgeordnete und Selbstständige. Zweitens. Wer 10 000 Euro Gehalt im Monat erhält, soll auch für 10 000 Euro Beiträge in die Rentenkasse einzahlen. Darum gehören die Beitragsbemessungsgrenze aufgehoben und sehr hohe Renten anschließend abgeflacht.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens. Anstatt an der gefloppten Riester-Rente bis zum Untergang festzuhalten, müssen die Arbeitgeber endlich wieder gerecht an der Rentenfinanzierung beteiligt werden. Das alles würde bedeuten: Die gesetzlichen Renten wären stabil finanziert.

Kurz zu den Grünen - auch Kollege Zimmer hat es schon angesprochen ‑: Frau Andreae, Sie haben kürzlich im Handelsblatt gesagt - Zitat -:

Wir Grünen sind die einzigen, die sowohl die Rente mit 63 klar ablehnen und eine gerechte Finanzierung der Mütterrente aus Steuern fordern.

Grünes Alleinstellungsmerkmal sei die Generationengerechtigkeit, im Unterschied zur Koalition, aber auch zur LINKEN. - Frau Kollegin, ich glaube, da haben Sie irgendetwas gründlich missverstanden. Die Kosten für die Mütterrente und die Rente ab 63 werden nicht nur von den jungen Menschen getragen. Nein, sie werden von allen Versicherten bzw. - da sind wir uns einig - von allen Steuerzahlenden gezahlt, also von den 20-Jährigen genauso wie von den 60-Jährigen. Das ist gerecht.

(Beifall bei der LINKEN)

SPD, Grüne und Union haben das Rentenniveau massiv abgesenkt und die Rente erst ab 67 Jahren eingeführt. Das haben Sie eben sogar gelobt, Frau Göring-Eckardt. Diese gigantischen Rentenkürzungen werden vor allem die nach 1964 Geborenen in einigen Jahren massiv in die Altersarmut treiben. Das war, ist und bleibt der große Angriff auf die Generationengerechtigkeit. Darum sagt die LINKE: Rauf mit dem Rentenniveau und weg mit der Rente erst ab 67!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)