Nach § 12a SGB II können Personen, die das 63. Lebensjahr vollendet und die Voraussetzungen für eine vorgezogenen Rente wegen Alters erfüllt haben, gegen ihren Willen verrentet werden. Der rentenrechtliche Grundsatz, dass ausschließlich betroffene Personen über ihren Antrag auf eine vorgezogene Rente entscheiden, wird ausgehebelt. Daher handelt es sich um einen massiven Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen – um eine Zwangsverrenung.
Die Rentenansprüche der Betroffenen werden dabei dauerhaft abgesenkt, weil für jeden Monat des vorzeitigen Rentenbezugs Abschläge in Höhe von 0,3 Prozentpunkten auf die durch eigene Beiträge erworbenen Rentenansprüche erfolgen. Dies bedeutet aktuell (im Jahr 2016) bei einem Renteneintritt mit Vollendung des 63. Lebensjahrs eine lebenslange Kürzung der Altersrente in der Regel von 8,7 Prozent.
Die Bundesregierung liefert auf die Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE in der Antwort auf Kleine Anfrage 18/9403 aktuelle Zahlen zur Zwangsverrentung und zur möglichen Ausgestaltung des von den Koalitionsfraktionen präferierten Reformvorschlags.
Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, kommentiert diese Zahlen wie folgt:
"Die zwangsweise Verrentung von Hartz-IV Beziehenden ist und bleibt ein Skandal! Ministerin Andrea Nahles schönt nicht nur die Hartz IV-Statistik auf Kosten der Ärmsten und Schwächsten, indem sie ältere Hartz-IV-Beziehende reihenweise in die Zwangsverrentung schickt. Schlimmer noch: Die Jobcenter setzen sich oft über den Willen der Betroffenen hinweg und fordern Arbeitslose ab 63 gegen ihren Willen zur Beantragung ihrer dann lebenslang gekürzten Rente auf. Diese Praxis wird von den Betroffenen, die als Ältere kaum Jobangebote erhalten, als massive Entrechtung und Demütigung wahrgenommen.
Jede und Jeder muss das Recht haben, selbst zu entscheiden, wann er oder sie in Rente geht. Deshalb sagt DIE LINKE (BT-Drucksache 18/589): Die unwürdige Praxis der Zwangsverrentung (§ 12 SGB II) und der Paragraph 53 a im SGB II müssen unbedingt abgeschafft werden!“
Die Süddeutsche Zeitung berichtet in der Ausgabe vom 24. August 2016 exklusiv über die Kleine Anfrage der Linksfraktion: Altersarmut - Jobcenter zwingen Hartz-IV-Empfänger in die Rente.
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